Das Septemberlicht kommt pünktlich um die Ecke

am späten Morgen fahrt mit dem Rad zum Wertstoffhof. Im Punkladen neben der Bahnstrecke läuft bereits Musik und auf der Terrasse trinkt man eifrig Bier. Verstehe jetzt die Architektur an der Kreuzung Weidendamm/Kopernikus besser. Die spitzen Winkel an drei der vier Ecken mit Hafven, Wohnhaus, Feuerwache und dann der runde Bunkerturm (im Uhrzeigersinn). Auf dem Wertstoffhof — von der Straße aus nicht sichtbar die großen Umspanngeneratoren hinter einem der Häuser. Bei den Elektroaltgeräten harter Trancetechno aus einem Radio.

Eine nachdenkliche Bewegung

Diese ganze Tour nach BS stand unter einem schlechten Stern jedenfalls. Schon auf der Hinfahrt, als drei mal einer an meinem Platz vorbeilief, zwei mal entgegen und in der Mitte einmal mit der Fahrtrichtung, immer im selben Rhythmus mit einem Kugelschreiber klickend. Dann der Bahnhofsvorplatz in all seiner Hässlichkeit(1). Beim Gesprächspartner(2) war man dann auch entsprechend ganz anderer Meinung, nämlich der falschen (aber im Falschen, also dann doch der richtigen), natürlich, in den nachtblauen Maßanzügen und Kostümchen. Als wäre eine andere Welt niemals jemals denkbar. Auf dem Rückweg auch durch Peine gekommen. Die alte Industrie steht an den Schienen beim Bahnhof, riesenhaft und einsam.

Wie ich aber doch immer ruhig werde, wenn ich im Zug sitze, auch gestern also wieder, wie die episodenhafte Fahrt und die vorbeiziehenden Landschaften Dinge immer gerade zu rücken scheinen und alles in eine nachdenkliche Bewegung übergeht, ich also in dem Fluss selber bin, der niemals der selbe ist. Am Ende jeder dieser auch noch so kleinen Reisen scheint sich doch etwas verändert zu haben. Aber vielleicht, dass dies auch nur eine fixe Idee von mir ist.

Gleich kopfüber

Wie bereits gestern trinke ich den Rest des Kaffees aus, der übrig ist, heute jedoch mache ich nicht den Fehler, die ‚Apollo‘ von Eno / Lanois / Eno zu hören, die ich mir nach dem Hören einer sehr langen Radiosendung spontan beim Onlineauktionshaus kaufte, und darüber die Zeit zu vergessen. Auch werde ich (zunächst) keine Gedicht|e lesen, sondern mich gleich kopfüber. Gestern Rückmeldung von S. zu den eigenen Gedichten, er hat ja mit allem recht was er schreibt.

Gegen Morgen wild geträumt, verschlungene Pfade, mit Ranken fast überwuchert, bemooste Steine, eine ratternde, achterbahnähnliche Bergbahn (die Schienen jedoch ausschließlich auf dem Boden). Dann in einer Art Gartenwirtschaft, jemand stellt Bier auf den Tisch, es ist eine Leinwand aufgebaut, auf der ein apokalyptischer Film läuft, in einer Steppe spielt sich eine Szene ab, in der Autowracks o.ä. am Rande einer Straße stehen und diese tw. blockieren. Ein Mensch, der mit mir am Tisch sitzt, stürzt sich in die Leinwand hinein, ist dann in dem Film, wir sehen ihn, wie er beginnt, die Trümmer zur Seite zu schieben. Dann bin ich selber in dem Film und helfe dabei.

Dann laufe ich außen auf einem geländerlosen Balkon im obersten Stockwerk eines Hauses entlang, an einer Ecke befindet sich eine Sicherung, die sich jedoch als viel zu wackelig herausstellt. Hier geht es nicht weiter. Der Rückweg kann nur durch ein Fenster gehen, welches in ein Zimmer führt, der Bewohner ist da und ich kenne ihn wohl auch, jedenfalls darf ich durch das Fenster hinein. Es laufen drei Fernseher, einer steht auf einem kleinen, runden Tisch, zwei auf dem Boden. Es sind alte Röhrenfernseher, auf denen unterschiedliche Szenen aus einer Kinderserie gezeigt werden, in der es um die Erlebnisse lebendiger Lokomotiven geht. Auf dem Boden sind mindestens zwei kleine, voneinander unabhängige Spielzeugeisenbahnen aufgebaut, legobunt, die beständig im Kreis fahren und eine Lichterkette mit bunten Lämpchen verstärkt meinen Eindruck, hier hat sich jemand eine kleine Wunderwelt erschaffen. Ich finde es unangenehm, hier so einzudringen, aber es besteht ja keine andere Möglichkeit.

 

Im Niemandsland zwischen Porno und Schlachthof

Wie aber soll ich jetzt noch erzählen, wie es an diesem Abend war, im Nachhinein,

neben dem Wertstoffhof Sandstraße 3 wurde jetzt eine Stichstraße zur Rückseite des Paketpostamts im ehemaligen Hauptgüterbahnhof gebaut. Noch führt die Straße durch eine Brache, wie es so genannt wird, aufgeschüttete Erd- bzw. Sandhügel an der Seite Richtung Weidendamm. Hier komme ich ganz nah an die Conti-Fabrik ran, das singende Haus, was vorher nur möglich war, indem der Bauzaun vor dem Hauptgüterbahnhof ignoriert wurde. Ich meine, ich hätte dort auch einmal Fotos gemacht, die ich nie wieder finden werde.

Ein von F (@fabeblau) gepostetes Video am

Noch ist dort nichts entschieden, bald wird alles besiegelt sein.

Unverhofft, ungeplant und ahnungslos schneite ich dann in die endende Ausstellung

Menschliche Formen im Keller III

 

Weil ich dort nur einmal durch den Raum streifte und kaum etwas darüber wusste und auch es einfach so hinnahm wie es war, schreibe ich nicht so viel. Wie ich jetzt weiß, wurde die Ausstellung von Jan Orbonik, Enrico Mercaldi, Anna Stepper, Caroline Momma und aNNa Denger veranstaltet, in der Erinnerung hängen blieben lange, dicke Zungen, die aus den Mauern herauslecken — auch Anderes erinnerte an Körperteile, irgendwo im Niemandsland zwischen Porno und Schlachthof. Recht zentral hing, an durchsichtigen Fäden, eine weiße Skulptur eines Frauenkörpers von der Decke herab, in die hinein- bzw. heraus Kabel führten, die ziellos in der Luft endeten. Fotografien an den Wänden, an die ich mich jedoch kaum erinnere, was nicht an den Aufnahmen, sondern an mir und meinem auf Kürze ausgerichteten Besuch, auch an der Aufbruchstimmung in dem Raum lag, denn es war der Abend der Finnisage und die Musik war noch ganz leise, außer mir, der dort keinen und den dort keine kannte, war noch kein weiterer Besuch a.a.O..

Über dem Ausstellungsraum im Untergeschoss, den man durch eine kurze, steile Treppe erreicht, befindet sich ein Tango-Club, aus dem die altmodische Musik laut herauskam und auf den Hinterhof sickerte, zusammen mit dem roten Licht, welches die Tanzfläche beschien. Ich habe auch davon kein Foto gemacht. Der Weidendamm ist eine Straße, die ein wenig unbestimmt ist, was sie gerade interessant macht. Gegenüber in der Nummer 27 hat S. mal gewohnt, ganz am Anfang der Studienzeit, es ist eine andere Stadt gewesen und auch die Zeit wurde mit anderem Maß gemessen.

Connoisseurs of Disease

 

Auf’s Fahrrad und weiter in den nächsten Keller, wo neben anderen Menschen Freund K. in seiner Brummkistenkünstler-Identität auftrat. Hier daher ein kurzer Eindruck davon.

Es ist mit dem Handy gefilmt und der Ton war, aber das ist ja ganz klar, viel gewaltiger. Der Klang füllte den ganzen Raum und vibrierte aus den Ecken und an den Wänden entlang, über den Boden und von der niedrigen Betondecke herab. K. drehte sehr schön an den Knöpfen und verfolgte diese Strategie bis zum Schluss weiter.

Irgendwoanders im Netz wird es ggf. noch einen weiteren Video- oder Tonbeitrag dazu geben, in nicht allzu ferner Zukunft. Merkwürdig Riechnerv fand ich auch sehr großartig, weil vollkommen präsent trotz dem der Gesang von Tom Smith zu leise eingepegelt war. Sudden Infant, letzten Endes, waren dann tatsächlich die Gruppe mit den erkennbarsten Songstrukturen an diesem Abend und verwandelten den Raum eindrucksvoll in eine post-industrielle Klangmauer, die in hochfrequenten Abständen emporwuchs und wieder eingerissen wurde. Schlagzeug / niedrige Decke / nackter Beton.

Die Nacht war warm und etwas düster, die Bank, die einmal um den Baum herumgeführt ist, ist seit bestimmt 20 Jahren verbeult. Ständig senkt sich eine Arschbacke in eine dieser Kuhlen und alle haben Mühe, wieder aufzustehen mit ihren menschlichen Formen.

Entlang der Strecke habe ich mich organisiert

Den ganzen Tag über heute ein paar Flocken Februarschnee, hier und da. Constant Flux. Sang der Vogel wieder an der Endhaltestelle. Klingt nach einem traurigen Frühlingsanfang, der Amselgesang. Singt den Frühling herbei sitzt im Graupel im blätterlosen Busch. Hochspannung Lebensgefahr schreibt das Schild vor, welches an der Oberleitung hängt ebd.

Heute hier gewesen

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Steige hier aus, steige dort aus, Erledigungen

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In der Straßenbahn, auf dem Weg nachhause dann den mir schon in Bruchstücken seit Tagen im Kopf herumschwirrenden Text für .txt angefangen zu schreiben und ein gutes Stück geschafft, auch endlich einmal wieder ins Notizbuch.

Durch den nassen Sonntagabend

Dann am abend nochmal in die Nordstadt geradelt, die schöne Straße hinunter gefahren im schönen Regen, den wir jetzt schon den ganzen Tag über haben. Der Blaue Bahnhof, die Bahngleise im Regendunst. Viele Einträge dazu hier verzeichnet, die meißten haben defekte Bildlinks. Es wäre einmal alles wieder zusammen zu fügen. Sehr viele Bahnstrecken dort an diesem Ort, auch ist da die eine Straße in der ich merkwürdigerweise auch in der Zeit, in der ich dort gewohnt habe (die ersten Zeilen dieses Blogs wurden in der Wohnung geschrieben) nie gewesen bin. Das wird demnächst einmal nachgeholt. Schneiderberg, rechts und links die Häuser. Strangriede, die Brücke über die Bahnstrecke, wecclher Buis fährt hier nochmal über die Brücke (herausfinden!) runter und weiter durch den nassen Sonntagabend.

Aufgescheucht geht’s dann in den neuen grauen Tag, fast noch das Gefieder der Nacht in Gedanken.

An der Feldbuschwende fängt es eigentlich an mit der Steppe am Stadtrand, durch die ich am Morgen des 29. fuhr, ich dachte , ich könnte jetzt noch stundenlang durch dieses Messeparkplatz/Industriegebiets-Ödland fahren,

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während die Füße ein wenig kalt sind, weil ich schon Sneakers anhatte, fahren und aus dem Fenster schauen.

Quarterpounder – Brood

Weil der ausgedachte Mensch, der ich bin und der dieses Blog schreibt, ein neugieriger Mensch ist, sucht er manchmal im Internet nach alten Freunden, die tw. ebenfalls ausgedacht sind. In diesem Fall 1.) mit Erfolg und machen sie 2.) immer noch ganz wunderbare Musik. Die passende Schublade wäre Jazzmusik, das aber ist eigentlich egal. Ich kenne mich sowieso nicht mit Musik aus und schon garnicht mit Jazz.

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Foto © Quarterpounder

Die ersten vier Stücke fließen fast schon ineinander wie die vorbeiziehenden Gegenstände einer Landschaft, sagen wir auf einer Schifffahrt auf einem Fluss oder an einer Küste entlang. Mit den offenen Räumen, die die Klarinette gleich im ersten Stück  beschreibt. dann die Trompete (die eine Posaune ist), all die verschachtelten Sätze die einfach erscheinen im auf und ab der Melodien. Der Kontrabass redet mit und fügt eine Ecke ein und eine Kante, verbindet Rhythmus und Melodie, das Schlagzeugbecken ist die Oberleitung, das Schlagzeug zählt die Worte ab und nach. Jetzt kommt wer und sagt, Schiffe hätten keine Oberleitung. Das ist zu kurz gedacht.

Denn wie alle Musik höre ich Quarterpounders „Brood“ vor allem in der U- bzw. Straßenbahn, je nach dem auf welchem Teil der Strecke. Manchmal scheint es mir zu schnöde, die Musik gegen die Invasion und das Geplapper der Perlenbeohrringten zu setzen, die mit mir in der Bahn unterwegs sind, ein wenig so, wie es mir manchmal eskapistisch vorkommt, das Foto von diesem Viertel am Meer als Monitor-Hintergrundbild auf der Arbeit in der Aktiengesellschaft zu haben. Aber so ist nun einmal das Leben im Spannungsfeld von Kapital und Kunst und was sollte uns retten wenn nicht die Poesie und die Lieder. Bei „We’re Not Here To Save You“ geht es richtig los und rund. Und dann bald kommt die Ente und beginnt einen Satz mit und, mit dem Stück „Irk“ und dem Beginn der 2. Seite der LP, hätte ich das Album auf Vinyl. Was durchaus möglich wäre, denn Quarterpounder machen auch Platten, was ich natürlich toll finde. Sie erinnern mich ein wenig an das Arte Quartett mit Pierre Favre, aber eher sind es die nach oben hin ausgestreckten Himmel, die ich mir vorstelle, die hoffnungsvolle Abgeklärtheit, die hier und da hörbar wird und das beharren auf einem Thema, immer wieder. Jetzt tue ich so, als würde ich was von Jazz verstehen, was ich nicht tue. Deshalb wäre es am besten die Musik selber zu hören, vermutlich. Siehe weiter oben.

Die Band:

Anders Bast: Tenorsaxophon, Bassklarinette
Petter Hängsel: Posaune
Mathias Wedeken: Kontrabass
Rasmus Lund: Schlagwerk

quarterpounder.net/