EX+: Kunstausstellung im T.A.K.

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EX+ sind Iris Schmitt und Nils Schumacher und die beiden machen Kunst – gemeinsam, alleine und manchmal auch mit Freunden, die sie zur Session in das Hinterhof-Atelier in Hannover-Linden einladen. Iris ist in der Malerei zuhause, während Nils sich u.a. mit Collagen beschäftigt. Zuletzt waren verschiedene Werke der beiden in Braunschweig in der Galerie einRaum5-7 zu sehen. Unter dem Titel „nicht von Pappe“ wurden vorwiegend neue Werke gezeigt. Hier sind sie auch als „Band“ aufgetreten, denn die beiden machen auch Musik und nutzen Ausstellungseröffnungen und Finnisagen für Auftritte. Ich selber habe sie ehrlich gesagt noch nie live gesehen, war aber mehr oder weniger die ganze Zeit dabei, als die Aufnahmen für die Soundcloud-Seite digitalisiert wurden — die sind nämlich ursprünglich und wie es genau richtig ist, mit Kassetten aufgenommen.

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Gemeinschaftsarbeit von EXhoch+, Acryl auf Leinen, 2015

Vernissage im T.A.K. am 1.11.

Auch bei der Ausstellungseröffnung im Theater am Küchengarten Anfang November wird es einen Auftritt geben. Das kleine Theater Vis-á-Vis des Ihmezentrums ist das Stammhaus des 2013 verstorbenen Dietrich Kittner gewesen. Über Weihnachten und bis ins neuen Jahr wird hier eine kleine Werkschau gezeigt, wobei auch wieder einige neue Sachen zu sehen sein werden.

Im Niemandsland zwischen Porno und Schlachthof

Wie aber soll ich jetzt noch erzählen, wie es an diesem Abend war, im Nachhinein,

neben dem Wertstoffhof Sandstraße 3 wurde jetzt eine Stichstraße zur Rückseite des Paketpostamts im ehemaligen Hauptgüterbahnhof gebaut. Noch führt die Straße durch eine Brache, wie es so genannt wird, aufgeschüttete Erd- bzw. Sandhügel an der Seite Richtung Weidendamm. Hier komme ich ganz nah an die Conti-Fabrik ran, das singende Haus, was vorher nur möglich war, indem der Bauzaun vor dem Hauptgüterbahnhof ignoriert wurde. Ich meine, ich hätte dort auch einmal Fotos gemacht, die ich nie wieder finden werde.

Ein von F (@fabeblau) gepostetes Video am

Noch ist dort nichts entschieden, bald wird alles besiegelt sein.

Unverhofft, ungeplant und ahnungslos schneite ich dann in die endende Ausstellung

Menschliche Formen im Keller III

 

Weil ich dort nur einmal durch den Raum streifte und kaum etwas darüber wusste und auch es einfach so hinnahm wie es war, schreibe ich nicht so viel. Wie ich jetzt weiß, wurde die Ausstellung von Jan Orbonik, Enrico Mercaldi, Anna Stepper, Caroline Momma und aNNa Denger veranstaltet, in der Erinnerung hängen blieben lange, dicke Zungen, die aus den Mauern herauslecken — auch Anderes erinnerte an Körperteile, irgendwo im Niemandsland zwischen Porno und Schlachthof. Recht zentral hing, an durchsichtigen Fäden, eine weiße Skulptur eines Frauenkörpers von der Decke herab, in die hinein- bzw. heraus Kabel führten, die ziellos in der Luft endeten. Fotografien an den Wänden, an die ich mich jedoch kaum erinnere, was nicht an den Aufnahmen, sondern an mir und meinem auf Kürze ausgerichteten Besuch, auch an der Aufbruchstimmung in dem Raum lag, denn es war der Abend der Finnisage und die Musik war noch ganz leise, außer mir, der dort keinen und den dort keine kannte, war noch kein weiterer Besuch a.a.O..

Über dem Ausstellungsraum im Untergeschoss, den man durch eine kurze, steile Treppe erreicht, befindet sich ein Tango-Club, aus dem die altmodische Musik laut herauskam und auf den Hinterhof sickerte, zusammen mit dem roten Licht, welches die Tanzfläche beschien. Ich habe auch davon kein Foto gemacht. Der Weidendamm ist eine Straße, die ein wenig unbestimmt ist, was sie gerade interessant macht. Gegenüber in der Nummer 27 hat S. mal gewohnt, ganz am Anfang der Studienzeit, es ist eine andere Stadt gewesen und auch die Zeit wurde mit anderem Maß gemessen.

Connoisseurs of Disease

 

Auf’s Fahrrad und weiter in den nächsten Keller, wo neben anderen Menschen Freund K. in seiner Brummkistenkünstler-Identität auftrat. Hier daher ein kurzer Eindruck davon.

Es ist mit dem Handy gefilmt und der Ton war, aber das ist ja ganz klar, viel gewaltiger. Der Klang füllte den ganzen Raum und vibrierte aus den Ecken und an den Wänden entlang, über den Boden und von der niedrigen Betondecke herab. K. drehte sehr schön an den Knöpfen und verfolgte diese Strategie bis zum Schluss weiter.

Irgendwoanders im Netz wird es ggf. noch einen weiteren Video- oder Tonbeitrag dazu geben, in nicht allzu ferner Zukunft. Merkwürdig Riechnerv fand ich auch sehr großartig, weil vollkommen präsent trotz dem der Gesang von Tom Smith zu leise eingepegelt war. Sudden Infant, letzten Endes, waren dann tatsächlich die Gruppe mit den erkennbarsten Songstrukturen an diesem Abend und verwandelten den Raum eindrucksvoll in eine post-industrielle Klangmauer, die in hochfrequenten Abständen emporwuchs und wieder eingerissen wurde. Schlagzeug / niedrige Decke / nackter Beton.

Die Nacht war warm und etwas düster, die Bank, die einmal um den Baum herumgeführt ist, ist seit bestimmt 20 Jahren verbeult. Ständig senkt sich eine Arschbacke in eine dieser Kuhlen und alle haben Mühe, wieder aufzustehen mit ihren menschlichen Formen.

Die freundlichsten Hunde in der Wohnlandschaft

Nachts wenn wir die Zähne fletschen und knurrend in den Betten liegen, wenn dann um 5 Uhr am Morgen die erhabenen Zweifel sich ergeben, Hände hoch, denken wir an Euch und an die Bäume, an die wir pinkeln könnten. Sei der Erste dem das gefällt. Sei einzigartig. Sei lieber noch der frühe September, wenn die Mauersegler schon wieder in den Süden geflogen sind. Reise ihnen noch ein stückweit hinterher, in unseren letzten Tagen in Freiheit. Wenn sich die lichten Gedanken erheben, leicht flüchtig um 5 Uhr in der Früh, weil der Magen knurrt und die Hunde sich endlich, müde vom Heulen, zur Ruhe legen, wenn die Stunde schlägt in der Zwischenzeit, während der erste Stein bereits fliegt, aber noch nicht getroffen hat.

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Die klaffenden Abgründe zwischen die Zeilen verbannt und huschhusch ins Körbchen Ihr Hunde, all dies soll uns eine Mahnung sein, im Morgengrauen durch den Briefschlitz geschoben, hörst Du den Umschlag aufschlagen, auf dem Flurboden, während draußen bereits die Alte aus dem Nachbarhaus den Gehsteig fegt, um nicht ganz verrückt zu werden. Die Dinge, die wir tun, um nicht ganz verrückt zu werden, in unseren letzten Tagen in Freiheit, die ungeöffneten Briefe, die zu hinterlassen uns eine große Ehre und noch größere Verpflichtung ist, die geöffneten Sandsäcke, die verschwendete Zeit und die letzten Sonnenstrahlen über dem Kanal, ein Schiff, das unter allen Brücken der Stadt hindurchfährt, auf denen die Menschen stehen und winken, eingehüllt vom süßen Dieselduft. All die verschwendeten Gedanken, um 5 Uhr in der Früh, all die ungeschriebenen Gesetze, unsere Daten sind das neue Öl im Feuer.

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All die ungeschriebenen Gedichte & der Morgen erscheint nun bereits mit langen Schatten, an manchen Tagen steht der Nebel in den Straßen. Wir aber nehmen all den Mut zusammen und fahren immer wieder ans Meer. Wie still die Welt sein kann. Wie sehr man sich auf die Wellen verlässt, am Strand, dass sie wieder und wieder kommen. Wir bezeugen stumm. Dann erinnern wir uns, wie Nachts der Magen die Decke anknurrt, wie die hungrigen Hunde darin wohnen, in unserer Mitte, wie das Flimmern vor den Augenliedern, wenn wir schlafen, aber weniger wird, je länger die Bildschirme ausbleiben. Wie wir Stein von Stein wieder lösen und zurückkehren in die Hütten. Alle Feinde sind entschwunden.

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Viele Freunde hatten wir nie. Nachts, wenn wir die Zähne fletschen und die Beißschienen zerkauen, wenn der Sinuston in unserm Innern wieder lauter wird. Wir stehen zwischen den Steinen und produzieren weitere Trümmer für das große Gebirge, dass wir Zeit nennen. Wenn wir einen Brief schreiben auf unserer Arbeit und uns ein  Finger ausrutscht bei einem Datum, wenn dann dort plötzlich 20163 steht, dann erschaudern wir und ziehen die Schultern zusammen, ducken uns weg unter der Erwartung an die Zukunft. Wir produzieren Inhalte, als würde es kein Morgen geben, bringen die Meldung als erste, immer mit einem Lächeln im Gesicht und hängen es an die große Glocke. Die Menschen entscheiden dann selber, was wichtig für sie ist, für die löchrigen Identitäten und das Flickwerk, das wir ich nennen und Du auch. Wir sind die freundlichsten Hunde in der Wohnlandschaft, wir beißen nicht und wenn dann nur so viel wie nötig. Die Kinder auf den Spielplätzen fürchten sich nicht einmal vor uns, sie nehmen uns kaum wahr, sie spielen mit ihren Apparaten und beschäftigen sich mit sich selbst. Wenn die Kinder uns sehen, schauen sie uns an und dekodieren uns, zählen null und eins zusammen und haben ein neues Monster gefangen, das sie versorgen können mit Kokosnuss-Marshmallows und der Milch aus gemolkenen Wolken, Tabletten und ihrer ganzen Liebe. Wir aber träumen von Haustieren, die große Käfer sind, die wir füttern, wenn wir sie an unser Herz halten und ganz still sind dabei.

Ganz regelmäßig schlägt das Herz, synchron. Ganz leise ist die Wut darin geworden, wie ein ewiges Licht leuchtet sie in die dunkle Nacht hinein, Infrarot und unsichtbar.

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Die 0 und die 1 – Basis Zwei

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Sind die zwei Zeichen der Basis Zwei, des binären Zahlensystems. Natürlich könnte man auch α und ω verwenden, Äpfel oder Birnen und Ja und Nein – eben weil die beiden Zeichen nur die Basis bilden, auf der alle weiteren Zeichen im Digitalen aufbauen. „Basis Zwei“ lautet der Titel einer Veranstaltungsreihe, die seit dem Anfang Oktober in Hannover gestartet ist und noch bis zum 24.11. andauern wird. Die drei Gebiete Digitaltechnik – Kunst – Denken stehen im Zentrum der transdisziplinären Veranstaltungsreihe. In Workshops, Ausstellungen, Gesprächen, Vorträgen, Filmvorführungen und Konzerten soll also versucht werden, sich dem Verhältnis dieser Dinge zu nähern. Dies geschieht in der direkten Kommunikation, in der Beschäftigung mit dem digitalen Material (z.B. in einem Instrumentebaukurs und einem Programmierworkshop). Was nicht vorgesehen ist, ist – wenn ich es bei meiner schlampigen Recherche nicht übersehen habe – ein Geschehen im Stream, also im virtuellen Raum. Aber das muss ja auch nicht unbedingt. Das komplette Programm ist hier zu finden. Besonders spannend finde ich „Die Verflüssigung der Archive“, „Doing Live Coding“ und „Bugs Beats Music“

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Link + Info:

Basis Zwei
Digitaltechnik – Kunst – Denken
Eine transdisziplinäre Veranstaltungsreihe

Hannover, 1.10. – 24.11.2016
Verschiedene Orte

basiszwei.tumblr.com

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Koncerthinweis: Sudden Infant / Merkwürdig Riechnerv / Hull Curve

Große Schatten werfen ihre Ereignisse voraus, jetzt, da die Tage wieder Nächte werden: Am 15.10., was netterweise mal ein Samstag ist, treten drei bemerkenswerte Klanggestalten, oder Bands, oder Musikprojekte, wasauchimmer, zusammen auf:

Sudden Infant
Merkwürdig Riechnerv
Hull Curve

15.10.2016, 21:00h, Stumpf

 

Hull Curve

Hull Curve stellt sich alle Jubeljahre einmal auf eine Bühne, also muss 2016 ein solches sein. Immerhin gab es einen 29. Februar, da kann man nicht meckern. Was genau im ersten Set des Abends passieren wird, kann man nicht sagen. Aus sicherer Quelle weiß ich zwar, dass es demnächst eine neue Platte gibt. Aber der Mensch ist vielseitig interessiert und kann entsprechend variable Töne machen. So klingt das erste neue Stück von „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“ auch gänzlich anders als die Sachen auf dem Vorgänger „The Dead Walk“. Es kann schließlich nicht jeden Tag Bohnen mit Speck geben!

Merkwürdig Riechnerv

Merkwürdig Riechnerv klingen so ähnlich wie das Projekt Merkwürdig Riechen (aka T/SMS W/ Andreas Brüning), das dürfte auch für die Musik zutreffen. Denn die Personen sind die gleichen (die „Selben“ wurde abgeschafft weil es nie stimmt!) — dementsprechend könnte Tom Smith seine Drehknöpfe dabei haben und Andreas Brüning Aka. Bocker den Bass. „Riechnerv“, so wurde geschrieben, geht mehr ans Improvisieren als „Riechen“. Um einen Eindruck zu bekommen, kann man sich hier ein Beispiekl von neulich in Bremen anhören und hier ein Video von noch neulicher auf dem Oberdeck:

 

Sudden Infant

Sudden Infant haben Elektrosachen, aber auch ein Schlagwerk und passen sehr gut zu den beiden anderen Projekten. So wie sich die Sache gerade anhört, wird es vermutlich laut und druckvoll und industrial. Das Stumpf hat eine wunderschöne Betonakustik, wir werden hören, wie sich das alles zusammenfügt oder auseinanderdividiert!

 

Radio Revolten

Empfangsbericht (5)

In Halle gibt es einen Glockenturm mit Westminster-Schlag, der noch verstimmter klingt als der wohl bekannteste vom Big Ben in London. Der Glockenschlag vom Südturm der Hausfrauen-Türme und das Quietschen der Straßenbahnen wird live im Radio übertragen. Auch Dohlen. Ich sitze auf der Arbeit und schreibe über vollkommen unwichtige Dinge, während ich dem Stream von Radio Revolten lausche. Das ist das Radiokunst-Festival, welches seit dem 1. Oktober in Halle stattfindet und noch bis zum %% andauert. Der Veranstaltungsfunk sendet via UKW (99,3 mHz), Livestream und tatsächlich auch auf der Mittelwelle. Dazu wurde ein 200-Watt-Sender im Turm des ehemaligen Physikalischen Instituts in der Hallenser Innenstadt eingerichtet, der natürlich nicht bis Hannover zu empfangen ist — zumindest nicht mit meinem schönen Radio. Zum Vergleich: Bei meinem letzten Aufenthalt auf Norderney habe ich recht sicher, aber gut verrauscht Radio Seagull empfangen können. Die senden mit 2KW (also 10x so viel Leistung wie der Transmitter in Halle) aus der Norderneyer Bucht. Wer es dennoch ausprobieren möchte: Die Frequenz ist die 1575 kHz.

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Radio Revolten also. Ich weiß nicht, wie ich mir so ein Festival „vor Ort“ vorstellen kann, weil ja die „Bühne“ der Sender ist, also das, was auf der Welle passiert. Gerade haben die Moderatoren von einem roten Knopf im Stadtmuseum erzählt. Von Kindern, die mit Kassettenrekordern im Museum unterwegs sind und ihre Aufnahmen über den roten Knopf, der mit einem Mikro verbunden ist, quasi direkt auf den Sender schicken können.

Ich finde so etwas sehr spannend und empfehle, dort einmal reinzuhören! Das Festival läuft noch bis zum 30.10.

Frequenzen:

UKW 99,3 mHz + MW 1575 kHz
http://radiorevolten.net/livestream/
Direktlink: http://radiorevolten.out.airtime.pro:8000/radiorevolten_a.m3u

Links:

radiorevolten.net
@RadioRevolten

Danke an Klagefall für den Hinweis!