Der Sturm ist schon in der Luft
den ganzen Tag über. Durch den Regen mit dem Fahrrad, zunächst zum großen Supermarkt an der großen Straße, dann auf den Mittwochs-Markt. Verschiedene Gemüse, Eier, Fisch, Kartoffeln (Belana und Süßkartoffeln). Wie anders die Leute hier miteinander sprechen. „Was hat sie jetzt da liegen“ sagt der Händler zu der Kundin und dann zählt sie es ihm auf, sich selbst noch einmal in Erinnerung rufend, was sie jetzt kaufen möchte, „Petersilie hat sie noch da“ , ergänzt er die Aufzählung, die kaufe ich dann auch, glatte. Der noch sanfte, kleine Regen tropft derweil von den Dächern der Stände. Ich möchte kein Foto machen.
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Als ich gestern diesen Artikel las, musste ich beim im Zitat zitierten „salle des pas perdus“ gleich an die Bahnhofshalle im Groninger Bahnhof denken, daran, wie die automatischen Holztüren beim Aufschwingen klingen, wie selten es ist, das es noch Wartehallen gibt. Davon (neben weiteren Fieldrecordings aus dieser Stadt) gibt es eine Aufnahme.
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Auf dem Rückweg vom Markt war der Regen dann ein wenig stärker. Später, weil ich keinen Kümmel mehr in der Küche hatte, musste ich noch schnell zu einem weiteren Supermarkt. Hier bereits stärkerer Wind, den ich auf dem Rückweg merke. Der Sturm ist schon in der Luft und wird morgen landen.
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Immer wieder irrlichternde Gedanken im Kopf, wie ein freieres Leben, welches sich ja gerade zeitlich begrenzt zwar ereignet, vielleicht doch möglich sein könnte. Dann sitzt man jedoch am Morgen in der Küche und hört in der Presseschau, wie die Journallie die Agenda-Kosmetik des Schulzen kommentiert und bereits diese lachhaften Wiedergutmachungsversuche, ganz im Sinne der neoliberalen Pest, wegzuargumentieren versucht. Da ist wieder die ewige 40-Stunden-Woche, die wir alle in Zukunft damit verbringen werden, die Robotergetriebe schön zu ölen. Kurze Verzweiflung über all die Dummheit, deren einziger Sinn es ist, das Leben der vielen schwerer zu machen. Die Deutsche Bank werden sie auch retten, nach der Bundestagswahl, weil Systemrelevant etc. pp., denn da gelten die Marktgesetze dann bekanntlich plötzlich nicht mehr.
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Was solls. Den Tag dann hauptsächlich damit verbracht, eine schöne Suppe mit Rindfleisch zu kochen. Ich hatte noch eine eingefrorene Beinscheibe im Kühlschrank. Dabei zurerst die Sendung Brüssel Zentral, dann La France en Duo und dann sogar Urban Landmusik gehört, weil heute einer der Tage war, an dem mir Country-Musik gefällt. Die Wäsche hängt auch nicht mehr auf dem Balkon, der Sturm kann dann meinetwegen kommen.
Empfangsbericht (7)
27.1.2017
Ca. 20:25-21:04 Ukrainisches Radio
Radio Ukraine sendet lt. Wikipedia nicht mehr auf der Mittelwelle. Ich habe einen Sender auf ca. 570 kHz gehört, der sich nach der Senderkennung wohl „Ukrainisches Radio“ nennt. Ca. 570 kHz. Merkwürdig. Hier jedenfalls eine Senderkennung(?), vielleicht finde ich noch heraus, was das für ein Sender ist.
Ca. 21:06-22:33 Jil FM.
Wie schon in Empfangsbericht (2) ist nicht klar, ob es die Frquenz MW 531 kHz, Sender Ain Beida mit 600 kW ist, oder die 549 kHz, Sender Les Trembles, der ebenfalls mit starken 600 kW bis nach Norddeutschland sendet. Mein Empfangsgerät lässt es nicht zu, die genauen Frequenzen von der Skala abzulesen, so dass ich jeweils das Internet zu Rate ziehen muss. Ich werde mir keinen Weltempfänger mit Digitalanzeige anschaffen, weil es mir darum nicht geht. Es geht darum, nicht genau zu wissen, wo ich mich befinde. Es geht darum, wie schön es ist, das ein Radiosender, der etwa in Nordafrika steht oder in Schottland, bis zu meinem kleinen Radiogerät senden kann. Das manchmal sogar 20 kW aus der Provinz Limburg bis zu mir ins Skriptorium senden können. Zehn Wasserkocher lassen sich mit 20 kW betreiben. Wie einfach das ist.
Notiert habe ich auch, dass ab Minute 57 der Aufnahme zu hören ist, wie die Waschmaschine im Schleudergang den Empfang stört. Hinzu kam auch kurz die Beleuchtung im Badezimmer. Hier ist ein Trafo eingebaut, der den Empfang ebenfalls stört.
Die Stadt kommt ganz zu sich
Schönes Nieselregenwetter heute, mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Die Stadt kommt ganz zu sich bei dieer Witterung, mit ihrer ganzen wunderbaren Ungemachtheit. In der letzten Zeit hat sich die Sicht auf all das noch einmal geändert. Häuser und Straßen erscheinen oft größer, fremder und abweisender, aber der Blick auf diese altbekannten Gebäude und Wege ist ein interessierter. Dazu heute ein Erlebnis von etwas Unbekanntem gehabt, in einer Straße gewesen, in der ich sonst nie bin, obwohl sie auf einen Platz mündet, den ich des öfteren überquere. Das war in Linden. Heute Abend geht es noch einmal in diese Richtung, aber nicht ganz so weit, dafür mehr nach rechts, an der Leine entlang.
Ricklingen
Klagesmarkt
Lufterfrischer
Lufterfrischer
Das Mädchen mit schneewittchen
schwarzem Haar, setzt sich neben
Dich, in der U-Bahn,
duftet,
nach Kirscharoma, dem fauchenden
Lufterfrischer in der Firmentoilette
& am Abend stellst Du den Rotwein
aus dem Kühlschrank direkt neben die
Heizung,
Deloitte, Nord/LB + Theater am Aegi, Neues Rathaus, Leine
Froschpostkarten
nach oldenburg (oldenburg)
im zug nach oldenburg RE 4418 stehe ich gerade in bremen da werde ich nachher vielleicht wieder stehen, also sitzen, während aber der zug steht oder zumindest anhält, innerhalb dieser langen pendelbewegung die ich heute beschreibe. phantom-anfahrt wenn ich denke der zug fährt ganz langsam an dabei bin ich es nur, der sich ein stück zurück bewegte gedanken verloren neben den gleisen. die lärmschutzwände die häuser neben den bahnschienen jetzt die ansagen im bahnhof. der ewige standard-ton bei eintreffender textnachricht die fahlen geäste der gebüsche am 1. Februar. pferde gehöfte sehr viele häuser die die menschen wohl schön finden müssen die in ihnen wohnen. die kleinen städte. die einfahrt nach bremen, hier eine lange reihe wohnhäuser ohne schallschutzmauer die ja nur den blick auf die gleise versperren würde, aus den fenstern und von den balkonen aus. weiter gehts gleich über die weser. leider nicht nach norddeich für mich wie schön es wäre.
hinter bremen stehen schwarze rinder auf einer wiese, es ist noch eis in einem kanal. das wintergrün. ein kind lernt kostbar sprechen auf dem viererplatz nebenan es zeigt aus dem fenster und macht jeweils dengleichen laut, in etwa. in delmenhorst gibt es ein linoleumwerk.
[Aufgeschrieben auf dem Smartphone während der Zugfahrt, ein paar Tippfehler korrigiert]
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Als ich nach dem Gespräch das Haus verlasse, ist es schon Dunkel. Ich muss mit dem Bus 321 zurück zum Hauptbahnhof, wo ich vorhabe, mir ein belegtes Brötchen und eine Flasche Bier zu kaufen, um dann den Regionalexpress zurück nach Hannover zu nehmen. An der Bushaltestelle, die vor dem Parkplatz eines Shopping-Centers mit real,-Markt liegt, steht eine Frau, vielleicht 25, mit ihren Einkaufstüten und dampft E-Zigarette Geschmacksrichtung Banane. Am Abend erschließt sich mir die Stadt rechts und links der Buslinie ein wenig besser, ich sehe gemütlich beleuchtete Kneipen etc., sehe, wo mehr oder weniger los ist, einfach daran, wieviele Menschen unterwegs sind. Eine Straße heißt „Ewigkeit“, eine Straße heißt „Nikolausstraße“, dass ist bevor es über einen Kanal geht, was ich schon von der Hinfahrt weiß. Erinnere mich eigentlich garnicht an die Stadt, die ich Mitte/Ende der 90er Jahre einmal kurz für einen Tag besucht habe, eigentlich nicht die Stadt, sondern einen Freund, den es zum Zwecke seines Musikstudiums hierher verschlagen hatte. Den Tag verbrachten wir dann garnicht einmal in Oldenburg in Oldenburg, sondern in Dangast, wo wir, dass aber weiß ich noch, Rhabarberkuchen aßen, weil zu der Zeit ein unglaubliches Getue um den Rhabarberkuchen in diesem Café in Dangast veranstaltet wurde. Ganze Motorradgangs reisten hier am Wochenende an, nur um den Rhabarberkuchen zu essen, Kaffee zu trinken und selbstgedrehte Zigaretten zu rauchen. Danach spazierten sie am Strand einmal bis zum Riesenpenis undzurück. Wir taten genau das, und abends waren wir zurück in der Stadt in einer Kneipe an diesem großen Kreisel, den der Bus auch durchfährt auf dem Weg zurück. Die Legende geht, dass die Kaninchen, die die Grünfläche im Kreiselinnenraum besiedeln, niemals nach außerhalb des Kreisels gelangen und es auch garnicht wollen. Es ist dunkel draußen, so das ich mich ganz auf die mitgebrachten Lektüre bzw. den Textfunk konzentrieren kann. Ein ungleiches Paar, eine Zufalls-Zweckgemeinschaft, sie, vielleicht 28, fährt bei ihm, vielleicht 55, auf der Fahrkarte 20 Minuten lang mit bis zum nächsten Umsteigebahnhof (Hude? Bremen?), wo sich ihre Wege wieder trennen werden. Sie studiert vielleicht in Oldenburg, er war zu Besuch, als sie aussteigen, hat er ihr bereits sehr viel aus seinem Leben erzählt, wie lange er mit der Frau zusammen war, die er gerade Besucht hat, aktueller Beziehungsstatus (fährt er jetzt wieder hin), wie das alles gewesen ist usw., sie ist zögerlicher, aber erzählt ihm doch ein paar Dinge, waren immer zufälligerweise in getrennten Städten, aber jetzt sind es doch bereits sechs Jahre, vielleicht wäre es ja doch mal ganz schön. Dann gibt man sich die Hand und sagt lebewohl.