Stiller Schnee

Kürzlich, mit langem Riss, zersprang
die Zeit: Versuche sie wieder zu fügen
mit Sekundenkleber. Es sind kleine

Splitter, die an den Kuppen der
Finger kleben bleiben, dann alle
Blicke, von Finsternis umrandet.
Ein Rinnsal aus Sand, unumwundene
Stunde, ein (ganz leise nur, als
gelte es, das zu vermeiden) im
Takt der Eieruhr gesummtes Lied
eine Katze wird, in der Plastiktüte,
zum Bahnhof getragen, durch
stillen Schnee im späten Februar.

 

 

Im fahlen Licht später Morgen

Die Tage der diesjährigen Winterreise grau alle Samt. Bis dorthin gegangen, wo alle Grenzen durchlässig werden, die zwischen Land und Meer unterscheiden, die zwischen Himmel und Erde unterscheiden. In den Zügen sitzend, sehen wir das graugrüne Winterland vorbeiziehen vor den Fenstern

In einer nördlichen Stadt der Versuch, mit der Sofortbildkamera Fotos anzufertigen in diesen dunklen Tagen.

Am Ende des alten und vor Beginn des neuen Jahres also auch der Grenze der Zeit angenähert; Alle halben Stunden vergesse ich jetzt den Wochentag. Alles ist im Traum eingesponnen, alles ist in der Zwischenzeit. Kurze Tage, die ohne Geschäft und Verbindlichkeit dahingehen und nächtlich bunte Träume, von denen nur eine Ahnung bleibt, nach dem Erwachen im fahlen Licht später Morgen.

Mit bloßen Füßen

Einer der schönsten Momente beim Klassentreffen am letzten Wochenende war, ich fand es jedenfalls, als wir einen kurzen Weg am Abend gingen, den Kainer Weg hinunter und bis zu der kleinen Brücke über die Lachte. Das Wasser des kleinen Flusses ist dort ganz klar und nicht tief und wir zogen die Schuhe aus und wateten ein wenig durch das sandige Flussbett den Flusslauf hinunter, in der Abendsonne. Dann ging ich mit bloßen Füßen, damit die wieder trocken werden, über die warme Straße. Zwei oder drei schwarze, glänzende Käfer, die diese überquerten.

Holzschutzfarbe

sogar, liegt eine Katze auf dem Verbundpflaster vor der Garage,
der Carport riecht nach Holzschutzfarbe und auch die Grillen
neben dem Splitweg sie singen das Abschiedslied (als wenn
es Morgen niemals geben würde und immerzu)
Sogar auf dem Fahrrad ziehen alle Sommer vorüber.
Es müssen Gräser stehen am Rande der Straßenbahnschienen
viel mehr leuchten und leise summen es könnte doch könnte
doch eine Essenz von Regenwasser
destilliert werden, mit den Gießkannen, es müssten Gräser stehen.
Am Feuerlöschteich, sogar am Zaun und das trockene, gemähte,
neben dem leeren Messeparkplatz riecht, leise, zum Feierabend,
müsste dann das Katzenauge verloren gehen, am Wegesrand,

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Fragmente / 1

an dem abend als ich schnell noch mit dem fahrrad zum supermarkt fuhr (vorbei an dem haus in dem wir fast einmal eine wohnung gemietet hätten)(absage im wald im letzten augenblick) nacheinander diese gerüche  (auf dem rückweg, dann): lindenblüten bratwürste brühe ein zweites mal linden(blüte), dann honig.

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Schreib dir einen Brief auf
Schmirgelpapier
auf Sandpapier
auf Backpapier
auf Packpapier auf
Papier mit dem wickelt
der Schlachter die
Koteletts ein.
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Bücher die in der Bahn gelesen werden:

Helmut Kuhn: Gehwegschäden

(Wenn ich mich richtig erinnere, so ein Hipster-Typ mit einer Arbeitermütze in oliv)

Malgorzata Musierowicz: Imieniny

(Wenn ich mich richtig erinnere: Eine Frau mit blond gefärbten Haaren)

Charles Stross: Glashaus

(Wenn ich mich richtig erinnere: Ein dicker Mann mit Latzhose)

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licht gleis hell auf
schiefer bahn
wirklichkeit erscheint
zwecklos zwischen
den ritzen im zaun
den fliegenden
gedanken zufolge

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In etwa Gravitationswellen

Ich stelle mir das so vor: Wenn irgendwo ein schweres Ding war und es dann wegbewegt wurde, warum auch immer, es hatte etwas Besseres zu tun, dann ist die Schwere noch nicht gleich ganz weg. Die Schwere hallt nach. Je schwerer, desto mehr Nachklang. Minus zwei Grad in der Lüneburger Heide. Ich wäre ja schon froh, wenn ich das mit den Radiowellen bzw. Elektromagnetismus mal vollständig verstehen würde und dann kommt Ihr mir mit sowas! In der Küche klingelt die Eieruhr. Die ist eine Hühnerfigur aus Plastik und funktioniert mechanisch. Kinetische Energie sagt man dazu glaub ich. Das ist etwas, was ich verstehe. In etwa.

[Wer billig kauft sieht sich immer zwei mal im Leben]

Erstsemester Schauspiel rennen schreiend über die Plaza. Gestern abend in der Bahn auf dem Handy Gedichte gelesen aus „Der goldene Fisch„, wie ich immer mehr dazu komme, wieder, aber mit einer ganz anderen Haltung dazu, jetzt, Gedichte zu lesen. Beim einlegen der frisch von Weiß auf Schwarz umlackierten Billy-Böden dann auch noch Reclam-Bände, zweisprachig, von Dickinson und Rimbaud („Une Saison en Enfer“) gefunden. Heute hieße das „Ein Sommer am Ballermann“. Auch den Band von Stefan muss ich noch einmal durchlesen bald, aber das ist ja auf einer Strecke zur Arbeit zu erledigen, oder in einer Mittagspause im Sidney Park.

Da ist der Schlüssel zum Haus der Eltern an Deinem Schlüsselbund,

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Museumsnacht am Samstag, auf dem Weg vom Historischen Museum zum Beginenturm — es sind ja (auch hier, stelle ich erstaunt fest) Touristen in der Stadt, sie sitzen draußen in den Altstadtkneipen und amüsieren sich ganz gut, wie es scheint. Im Landesmuseum gerate ich kurzzeitigst in einen kleinen Taumel zwischen den farbigen Wänden der Kunstsammlung, in die ich von den Brandbildern aus hineingerate, umkreise die Gemälde von Tür zu Tür, Raum zu Raum und gelange tatsächlich zu dem Gefühl des Verlaufen-Seins mitten im Museum, was wirklich ein erstrebenswerter Zustand ist. Später, als wir im Museumshof sitzen und der Welfen bei Pimm’s gedenken, erzählt ein Freund mir, der beruflich viel auf Halbleitern unterwegs ist, ihm wäre ähnliches passiert und sagt dann, er würde gerne mal einen halben freien Regentag hier im Museum verbringen und sich einfach nur die Dinge ansehen.

Dass Du nicht raus kannst aus der engen Haut?

[Die große Hitze der letzten Tage seit Donnerstag ist mit Donnerhall vorbei, seit 2 Stunden. Ich werde mich hüten, hier eine Meinung zum heutigen Referendum in Griechenland hineinzuschreiben.]

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Zuhause in der erweiterten Realität

Ein paar Häuser in der Stadt müssen ganz den Vögeln gehören, Zuhause in  der erweiterten Realität (Die brennende Schrift an der Wand und all der Mystizismus) im Glasbunker mit Steinen der Weisen. Verätherisches Verhalten der Gespinste im Ginster. Der Pfeffer wächst: Weiterhin auf dem Balkon. Im Unterholz neben den Bahngleisen der Linie 6 — das Gestänge und offenbar ein verrostetes Glatteis-Gerät.

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Das schöne Urbane, nach der Konsultation mit Dir und geschobenem Rad zum Dönerrestaurant laufen // der erste Tisch im Eingang, es zieht etwas und ich behalte den Mantel an // Pendel nach dem schnellen Essen zurück an den Stadtrand // Abends als ich nachhause fahre schnell noch eine Tüte Milch im Kiosk an der Ecke, der einmal in einer Sendung im Lokalradio mit dem Laden aus “Smoke” verglichen wurde // und da war tatsächlich etwas dran // die Straße // mit all ihren Gestalten.

 

und jetzt fällt mir das wieder ein mit der Geschichte mit den unterschiedlichen Städten, die in einem Haus oder um ein Haus herum aneinander grenzen (wie gesagt bereits schon wieder ein ganzes Buch), würde man (also ich jetzt) es geschickt anfangen und (endlich mal) entsprechend Zeit dafür (aufwenden können). Wieder einmal New York, übrigens, (wo die Frau mit dem roten Rock vor dem Monk’s über die Straße geht) (wieder und wieder und wieder).

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Das wirklich Schwierigste ist ja aber, die eigene Verletzbarkeit zu beschreiben mit den richtigen Worten.

 

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In Zeichenketten
Mit den selbstgenähten Flügeln
+ rindenlosen
Wurzeln

Mshp

Robert Müller studierte an der Universität Wien Germanistik und Philologie, ehe er nach Amerika ging und dort bis 1911 als Cowboy, Matrose, Zeitungsverkäufer und Reporter lebte. Sein belgischer Großvater war, nachdem er im Auftrag des Königs versucht hatte die Sandwichinseln zu kaufen, irgendwie hängen geblieben in Kalifornien. Auf der Rückreise wurde er durch sein Verhalten im Zug auffällig und deswegen zunächst in eine Anstalt für Geisteskranke eingewiesen, schließlich seinen westgalizischen Verwandten übergeben, die ihn der Obhut eines russisch-polnischen Wunderrabbis übergaben, an dessen Hof er Jahre später von einem der Onkel Roths ausfindig gemacht wurde, der den Vater als sehr schön, unaufhörlich lachend und völlig unzurechnungsfähig beschrieb. In Anbetracht all dieser Fakten habe ich meinerseitz Salz gestreut auf Vonwegen und in Überwunden ist es versickert, der Vergangenheit hinterhergelaufen, aus der die Gespenster gemacht sind die Du angerufen hast mithilfe Zellophans, durchscheinend und Transparent, auf geschrieben steht:

„Gegen die Widerbevölkerung der Wüste!“

Deine diaphane Welt der verschiedenen Ebenen wie sie in den Angeln hängt und aus dem Leim gerät, Nut und Feder, Nut und Feder, auf dem Balken sitzt er, genutet und gefedert, die Dachlatten im Oberstübchen die Tassen im Schrank, die Queen kommt zum Tee vorbei, um 5 Uhren Morgen ganz und der Schuster der schottische bei seinen Leisten. Diese Zeit: ist lang vorbei. Von damals muss ich noch an einer Stelle im Herzen die goldumrandete Karte von Johnny Schmitten aufbewahrt haben, ein wenig zerknickt bereits seitdem, aber immer noch lesbar Name, Funktion, Fernruf: 61211. Die Nummer war stets weitergereicht worden an den Nachmieter der Wohnung, daher die Kürze. Ich erinnere mich auch an eine Zeit, in der die Telefonnummern nach Stadtteilen zuordnebar waren, bis die singenden Drähte den privaten Wegelagerern in die Hände fielen, welche sich als allererstes die Rufnummernmitnahme ausdachten, um der Verwirrung halber. Durch die Straßen der Stadt lief ich gestern Abend, hatte Tee gekauft und Shortbread im kleinen Asia-Laden mit gemischtem europäischen Zusatzangebot, hinten an der Vahrenwalder. Vor dem Café Buntekuh stand der livrierte Portier und versuchte die Kundschaft ins Etablissement zu bugsieren: „Hereinspatziert hereinspatziert die bunten Vögel! Wir werden Ihre künsten Erwartungen übersteigen, nur um dann stehenzubleiben auf dem Vorgebirge der Jahrhunderte und hier, direkt an Ort und Stelle, eine Windmühle zu errichten zu Ehren des großen Kastillianers, der sich nachher dann vielleicht auch noch blicken lassen wird in unserem Etablissement, verehrte Nachtvögel und Zitronenfalter, hereinspatziert!“, usw., usf., a.a.O.