als dann der regen endlich fiel,

  beobachte ich einen menschen an der haltestelle paracelsusweg, in einem roséfarbenen kurzarmhemd, der nicht unter das dach des wartehäuschen sich stellt, sondern nur den regen fallen lässt. er hat einen weißen kopfhörer auf und hört gerade das lied genua von gustav und das klopfen der tropfen mischt sich unter die musik. später sitzt er in der bahn und tippt auf dem telefon, die lesebrille ist nicht geputzt und dicke tropfen fallen von den gläsern herab weiter auf das nasse hemd.

Großer und verwirrender Traum,

 der in einem dystopischen Hamburg sich abspielte. Ich warf einer Reihe von Menschen große Gegenstände zu, etwa künstliche Früchte. Steile Betonmauern. Viele Baustellen in fragwürdigem Zustand, Schutt und Geröll. Die Haltestelle, an der der Bus zurück nach Hannover fahren sollte, zwei grüne Koffer. Ein Mensch schenkte mir ein Getränk in einem Plastikbecher, dafür sollte ich die leeren Becher zurückbringen, um das Pfand einzusammeln. Hosentasche voller Kleingeld und ein Tablet mit Gebäck, vielleicht kleine Plunderstücke, in der Art. Dann ging es eigentlich nur darum, den S-Bahnhof oder die Bushaltestelle wieder zu finden. Ich driftete aber durch die Stadt, traf auch verschiedene Leute. Einmal sagte ich zu jemandem, ob er es denn nicht eigentlich verrückt finden würde, was wir gerade machten (vergessen, was wir gerade machten), woraufhin er nur fragte, ob ich denn etwas gegen Träume hätte. Da war es relativ klar, in welcher Situation ich hier war, aber das half auch nicht dabei, den Weg zurück zu finden. Merkwürdige Menschen hier und da, die manchmal ein Messer in der Hand hielten. Ich schmiss ihnen Steine vor die Füße und freundete mich dann mit ihnen an. Die Idee, schlussendlich ein Taxi zu nehmen führte dazu, dass ich mich plötzlich in einem gelben, wannenähnliche Plastikgefährt ohne Dach befand, welches gerade vorbeifuhr und eine fröhliche Fahrstuhl-Südseemusik vor sich hindudelte. Jemand zeigte mir ein Kunstwerk, ein auseinanderfaltbares Bild, etwa in der Art eines Stadtplans, auf dem sich aber auch, trotzdem es sich dünn zusammenfalten lies, skulpturähnliche Figuren befanden, die aus einer Masse geformt waren, welche aus einer großen Farbtube auf das Papier gegeben wurde und dabei irgendwie von selbst eine Form annahm. Sie waren pink und hatten einen Glittereffekt. Leerstehende Markthalle, der Hamburger Hauptbahnhof eine düstere Ruine, und nicht die gesuchte Haltestelle. Steile Hügel im Stadtpark, lange Wege, die Straße unerreichbar hinter dem Abhang. Irgendwann [aufgew.].

Aber dann ist dort der Geruch des geernteten Feldes, auf dem die Krähen sind, bereits im Juni.

Heute dann also aus Zeitgründen mit dem Bus zur Arbeit. Vor dem Bahnhof steht ein dicker Mann mit den Füßen und Beinen in den Fontainen des direkt aus dem Boden sprudelnden Springbrunnens und telefoniert lautstark.

 

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Eine Woche später, also am 21.7., am Morgen beim Augenarzt gewesen. Sitze danach mit Schokocroissant auf einem der in den Boden eingelassenen Hocker, in einiger Entfernung zu dem Gulli, aus dem die Musik kommt. Von dort leise Jazztöne. Dann kommt ein ganz in schwarz gekleideter Mann mit auch schwarzem Haar und schwarzem Vollbart die Bahnhofstraße hinunter, auch die Augen blitzen rabenschwarz und als er die ersten Töne vernimmt, beginnt sogleich ein etwas merkwürdiger Tanz, etwa wie der Zwerg in einem Traum. Dann wendet er sich auch einige Male mit einer sich selbst präsentierenden Armbewegung, oder zeigt er auf den Gulli und beginnt einige Sätze in einer unbekannten Sprache. Entfernt sich sodann, stampft aber auch noch ein oder zwei Male auf um zwei Krähen, die sich mit einer Chipstüte befassen, zu verscheuchen und erschreckt einen in einem Weißen Poloshirt, der unvorsichtigerweise beim Gehen auf sein Telefon starrt.

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An dem Tag ein Buch über Krähen geschenkt bekommen. An dem Tag „Das flüssige Land“ zu lesen begonnen. An dem Tag war ein einseitiger Artikel in der Zeitung darüber, dass im Groninger Umland große Risse in den Häusern entstehen, weil die Erde infolge des Gasabbaus absackt.

Aus den Briefen – 11 –

Jetzt liegt Schnee und wir müssen die Vögel füttern, so gut es geht! Das Jahr der Ratte neigt sich dem Ende und der Ochse steht schon bereit.

Als wir heute um kurz nach 11 die Wohnung verließen, um durch den schönen Schnee zu Marktkauf zu stapfen, hatte sich das orangene Müllauto noch nicht zu uns durchringen können. Schlimme Musik im Supermarkt, aber auch Glühbirnen und Teesieb.

Auf dem Marktplatz

Auf dem Marktplatz, da bei dem Kiosk- und Toilettenhäuschen, sitzt einer, vom Nieselregen geschützt, und spielt Gitarre. Hallelujah — kein Weihnachtslied. Alle stehen beim Fischstand an. Später in die Nordstadt, auf dem Fahrrad. Vorbei an einer der letzten Fabriken in der Innenstadt, weißer Dampf steigt über einem der Gebäude auf, wie eine improvisierte Wolke, es riecht nach Gummi. Die Straße weiter, um die Ecke, all die Dönerläden, der schöne Niesel, weiterhin.

Ein größeres Wunder als das Internet

Heute froh über das Radio. Die Vorstellung, dass die Magnetfelder ständig da sind, sie sind nur unsichtbar. Ein größeres Wunder als das Internet — auch viel verlässlicher. Traurig über die Mittelwelle, weil es immer weniger Sender gibt, und sie hier nicht mehr wirklich empfangen werden kann — vermute das die einfältigen Nachbarn einen Rechner im Dauerbetrieb haben, der den Empfang stört.

Dies ist ein kleines Stück Geräusch, welches sich mit dem Radio beschäftigt.