Wie man Tomaten überwintert

Am Samstag nach der Weinprobe, die immer am ersten Wochenende im November stattfindet, sollte man vorbereitend auf den Markt gehen, wo einem die Leute vom Tomatenstand sagen werden, dass sie auch noch am nächsten Samstag da sind, aber dann wahrscheninlich in die Winterpause gehen. Es ist gut, wenn es ein schöner, ein wenig verhangener Herbsttag ist und der Mensch mit der freundlichen Stimme, dessen Sprache man nicht versteht, ein Nachbar aus dem Haus gegenüber, in der Dämmerung im Garten grillt mit ein oder zwei anderen. Die Tomatenpflanze hat im November noch ein paar, vielleicht auch nur eine Blüte gebildet, ist ansonsten aber schon sehr laubig. Alles was Laub ist, wird mit dem Zweig weggeschnitten und in die Biotonne vor der Haustür gebracht, sodass nur noch ein noch frischer Trieb, der es schaffen könnte, vielleicht noch mit ein oder zwei Blüten, bleibt. Dann die Pflanze aus dem große Topf, der in der einen Balkonecke steht, wie in jedem Jahr, herausnehmen und in einen kleineren Topf umsetzen, der in der Fensterbank in der Wohnung stehen kann. Das vergehende Laub aber auch hier wieder entfernen. Man könnte kurz überlegen, ob es vielleicht sinnvoll wäre, die Blüten zu kappen, damit die Pflanze dort nicht alle Energie vergeudet, aber dann beschließen, es nicht zu wissen. Und die Blüten sind ja auch Tomatenblüten, immerhin, das is nicht einfach. Bevor die abgeschnittenen Triebe in den kleinen, viereckigen Eimer für den Biomüll kommen, an ihnen riechen und den schönen Tomatenduft in das Gedächtnis der Jahrzehnte einspeichern.

Darnach, wenn dann die Pflanzen in der Fensterbank stehen, wie gewohnt gießen, dass sie immer ausreichend Wasser haben. Dann braucht es nur noch Glück.

Zeitansage China anrufen

Vor dem Grand Hotel steht ein Chinese und telefoniert. Eine humpelnde Frau in einer gelben Jacke trägt schwer an einem Kaffeebecher. Ein Löschzug rollt mit Blaulicht und Sirene an. Sie wissen nicht, was sie löschen sollen und zwei steigen ganz in Ruhe aus dem ersten Wagen aus. In einem Schlafsack auf einer mobilen Bank liegt einer, raucht, und hustet dabei sehr, aber das ist nicht der Grund. Bald wird es wieder regnen, oder? [1.7.24]

Ich mogelt sich so durch die Tage und am Rande der Regengebiete entlang, am Rande von allem Möglichen entlang, mit pro forma mitgenommenen Regenjacken und wackeligen Prognosen und Busfahrten voller Sekundenschlaf.

2023 in 12 Bildern

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Der Geruch vergehender Zeit

An einem aus der Kindheit wohlbekannten Ort gewesen und Fotos gemacht, hauptsächlich weil ich früh dran war vor dem Friseurtermin. Die Luft roch jetzt nach geröstetem Zucker, wie jedes Jahr im Herbst an einem Tag zum ersten Mal.

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Die Rüben kochen, jedenfalls, es wird früher dunkel.

Aus den Briefen – 16 –

Am Wochenende habe ich versucht, „Kindlers Lexikon der Weltliteratur“ ins Altpapier zu tun, was mir nicht gelingen wollte. Ich benutze es nie. Jetzt habe ich ein Foto gemacht und will es vielleicht einem Antiquariat geben. Hab auch geträumt, wir hätten uns in der Bahn getroffen. Du musstest ganz dringend und hattest einen schwarzen Mantel an. Wir sind an der Universität ausgestiegen. Ich habe Dir das Lexikon angeboten, aber Du wolltest es jedenfalls auch nicht haben. Hast Dich dann noch über einen Knopf an einem elektrischen Gerät beschwert, der auch wirklich sehr merkwürdig war. In einem der Bände, nur in einem, steckte ein Zettel, auf der Seite zu Hemingways „In our Time“. Auf der Rückseite Vorderseite war notiert „HEMINGWAY IN OUR TIME“. Es ist ein in vier Teile gerissenes DIN-A-4-Blatt, eine Kopie eines Stadtplans. Die Straße, in der ich jetzt wohne, ist zu sehen.