17. Stockwerk

Ich wohnte mit A.M.A., einem Freund aus der Schulzeit, in einer WG in London, immer für ein oder zwei Monate, aber nicht unbedingt gleichzeitig. Es war ein schicker Neubau mit Glasfassade, 17. Stockwerke hoch. Ich war nach längerer Abwesenheit wieder zurück, er war zu Hause, und wir wollten spontan essen gehen. Als wir das Haus verließen fiel mir ein, dass ich etwas in der Wohnung vergessen hatte. Ich hatte einen Mantel über dem linken Arm, eine Tageszeitung darunter geklemmt, und trug einen gefallteten Regenschirm senkrecht vor mir her. So stieg ich wieder in den Aufzug, aber statt den Knopf für den 5. Stock drückte ich aus Versehen die 17., sofort danach die 5. Der Aufzug arbeitete die eingehenden Fahrten in ihrer Reihenfolge ab, ohne zwischendurch zu halten. So fuhr ich hinauf ins Dachgeschoss. Hier verlies die Kabine durch ein Loch im Dach das Gebäude, um oben mittels einer Konstruktion von zwei Kränen den Aufzugschacht zu wechseln, denn zum Hinabfahren wurde ein zweiter genutzt. Das gelang auch, nachdem sie mit dem Boden zwei Mal auf dem Dach aufgesetzt war. Mittlerweile gab es keine Wände mehr und ich befand mich in einer wannenähnlichen Schüssel, die an zwei Drahtseilen aufgehängt war und jetzt in bedrohliche Schieflage geriet. Es wurde immer schlimmer, sodass ich mich nur noch mit einer Hand an einem der Henkel festhalten konnte. Die Aufzugtür eines Lofts öffnete sich gerade, so konnte ich mich mit einer schwungvollen Pendelbewegung in die fremde Wohnung retten. Dort wohnte ein Mann, dem ich erklärte, dass der Aufzug wirklich unzumutbar ist. Ich sagte dann: »normalerweise träume ich so etwas nur«, darauf er: »vielleicht ist es ja ein Traum!«. Ich: »kann sein, ich zähle mal die Finger«, dass hatte ich in einer Serie gesehen. Ich zählte die Finger an der linken Hand, es waren sechs. Ich sagte dann zu ihm »Sie haben recht, es ist ein Traum. Ich wach dann mal auf«. Dann schüttelte ich mich [aufgew.].

Autopapaya

Die Vögel wissen nicht, sie sind jetzt Tropen~,
manchertage Steppenvögel. Ringeltauben,
kopfüber in noch unreifen Kirschen 🍒;

Schwarzweiße Papageien, die wie Elstern singen,
die Autos duften nach Papaya, dieses Jahr.

In Nachtschatten ziehen Fledermäuse Kreise,
die Stunde hat schon längst geschlagen. Nur
Blaulicht geistert straßenabwärts, Sehnsucht
an den Zipfeln gepackt und aufgeschüttelt,

die Federn fliegen.

 

als dann der regen endlich fiel,

  beobachte ich einen menschen an der haltestelle paracelsusweg, in einem roséfarbenen kurzarmhemd, der nicht unter das dach des wartehäuschen sich stellt, sondern nur den regen fallen lässt. er hat einen weißen kopfhörer auf und hört gerade das lied genua von gustav und das klopfen der tropfen mischt sich unter die musik. später sitzt er in der bahn und tippt auf dem telefon, die lesebrille ist nicht geputzt und dicke tropfen fallen von den gläsern herab weiter auf das nasse hemd.

hinten neben dem motorblock

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gestern, mitsommer, la fête und frisch auf heute gleich zum augenarzt so einigermaßen jedenfalls. unauffällig und weiter. riskiere fünf minuten und laufe noch schnell zum bäckerstand im bahnhof als der bus kommt sind

schon alle kinder drin aber eine weitere klasse oder zwei passen auch noch rein. keine kopfhörer, sie werden wohl am zoo aussteigen, spekulation, und solange sitze ich hinten neben dem motorblock in der vibrierenden wärme und die freude über den ausflug plätschert durch den wagen.

vor mir sitzen die lehrerinnen als der bus hält wissen sie nicht ob sie raus müssen aber die kinder hörten die ansage und sind schon am aussteigen ja hier ist der zoo da geradeaus wir sind vom dorf und kennen uns nicht aus.

fährt der bus wieder durch den grünen wald, drei krähen hüpfen auch ihnen ist warm.

das es sehrinde heißt, schützt sie was darunter ist, da ist auch wasser, und die ringe all der gewesenen jahre.

Kurier dich mit Bier und Kriechstrom, der übrig blieb von der Phantomspeisung

(Irgendwann zwischen Februar und März)

Im Biosupermarkt im Hauptbahnhof beobachte ich, wie einer nach dem Bezahlen sieben kleine Flaschen Bier in einen schwarzen Handgepäck-Koffer tut. Dazu muss er einen kleinen Hartschaumball und ein Panda-Kuscheltier auspacken. Der Panda findet wieder Platz im Koffer, der Ball muss in einen Rucksack ausweichen, den er zusätzlich mit sich führt. Zuvor hatte er schon das Misstrauen des Wachmenschen im Drogeriermarkt geweckt, weil er wohl das Duschgel nirgendwo finden konnte, und dann plötzlich den Korb auf einem Stapel Toffifee abstellte, um den Laden zu verlassen und zu Sanifair zu eilen.

Großer und verwirrender Traum,

 der in einem dystopischen Hamburg sich abspielte. Ich warf einer Reihe von Menschen große Gegenstände zu, etwa künstliche Früchte. Steile Betonmauern. Viele Baustellen in fragwürdigem Zustand, Schutt und Geröll. Die Haltestelle, an der der Bus zurück nach Hannover fahren sollte, zwei grüne Koffer. Ein Mensch schenkte mir ein Getränk in einem Plastikbecher, dafür sollte ich die leeren Becher zurückbringen, um das Pfand einzusammeln. Hosentasche voller Kleingeld und ein Tablet mit Gebäck, vielleicht kleine Plunderstücke, in der Art. Dann ging es eigentlich nur darum, den S-Bahnhof oder die Bushaltestelle wieder zu finden. Ich driftete aber durch die Stadt, traf auch verschiedene Leute. Einmal sagte ich zu jemandem, ob er es denn nicht eigentlich verrückt finden würde, was wir gerade machten (vergessen, was wir gerade machten), woraufhin er nur fragte, ob ich denn etwas gegen Träume hätte. Da war es relativ klar, in welcher Situation ich hier war, aber das half auch nicht dabei, den Weg zurück zu finden. Merkwürdige Menschen hier und da, die manchmal ein Messer in der Hand hielten. Ich schmiss ihnen Steine vor die Füße und freundete mich dann mit ihnen an. Die Idee, schlussendlich ein Taxi zu nehmen führte dazu, dass ich mich plötzlich in einem gelben, wannenähnliche Plastikgefährt ohne Dach befand, welches gerade vorbeifuhr und eine fröhliche Fahrstuhl-Südseemusik vor sich hindudelte. Jemand zeigte mir ein Kunstwerk, ein auseinanderfaltbares Bild, etwa in der Art eines Stadtplans, auf dem sich aber auch, trotzdem es sich dünn zusammenfalten lies, skulpturähnliche Figuren befanden, die aus einer Masse geformt waren, welche aus einer großen Farbtube auf das Papier gegeben wurde und dabei irgendwie von selbst eine Form annahm. Sie waren pink und hatten einen Glittereffekt. Leerstehende Markthalle, der Hamburger Hauptbahnhof eine düstere Ruine, und nicht die gesuchte Haltestelle. Steile Hügel im Stadtpark, lange Wege, die Straße unerreichbar hinter dem Abhang. Irgendwann [aufgew.].

Aus den Briefen – 16 –

Am Wochenende habe ich versucht, „Kindlers Lexikon der Weltliteratur“ ins Altpapier zu tun, was mir nicht gelingen wollte. Ich benutze es nie. Jetzt habe ich ein Foto gemacht und will es vielleicht einem Antiquariat geben. Hab auch geträumt, wir hätten uns in der Bahn getroffen. Du musstest ganz dringend und hattest einen schwarzen Mantel an. Wir sind an der Universität ausgestiegen. Ich habe Dir das Lexikon angeboten, aber Du wolltest es jedenfalls auch nicht haben. Hast Dich dann noch über einen Knopf an einem elektrischen Gerät beschwert, der auch wirklich sehr merkwürdig war. In einem der Bände, nur in einem, steckte ein Zettel, auf der Seite zu Hemingways „In our Time“. Auf der Rückseite Vorderseite war notiert „HEMINGWAY IN OUR TIME“. Es ist ein in vier Teile gerissenes DIN-A-4-Blatt, eine Kopie eines Stadtplans. Die Straße, in der ich jetzt wohne, ist zu sehen.