Nachtragungen aus den Tagen

Aufschrift auf einem Transparent an einem Zaun in Altwarmbüchen: »Gans to go: GAN„S“ EINFACH ZUHAUSE GENIEßEN“«. Schneeregen. [19.11.24]

Am Abend leichte Hoffnung, selbstverständlich vollkommen unbegründet, aber wie ein kleines Summen in der Luft, welches zwischen den einzelnen Regentropfen schwebt. Die Lichter in den Fenstern immer und immer. [28.10.24]

Heute erster Bodenfrost, Nebel über dem Kanal und See. Keine Handschuhe, dünne Schuhe, aber nicht schlimm gefroren. [15.10.24]

»Schon in ihrer frühen Schaffensperiode hatte sie sich auf das Fotografieren von Regenbögen mit Schwarzweiß-Filmen spezialisiert«. [11.10.24]

Heute drei Enten im Schwimmbad, die unbeeindruckt am Rand des Schwimmerbeckens schwammen. Die Leute vom Schwimmbad haben sie dann mit Futter aus dem Wasser und in Richtung Wiese gelockt. [4.9.24]

Wie man Tomaten überwintert

Am Samstag nach der Weinprobe, die immer am ersten Wochenende im November stattfindet, sollte man vorbereitend auf den Markt gehen, wo einem die Leute vom Tomatenstand sagen werden, dass sie auch noch am nächsten Samstag da sind, aber dann wahrscheninlich in die Winterpause gehen. Es ist gut, wenn es ein schöner, ein wenig verhangener Herbsttag ist und der Mensch mit der freundlichen Stimme, dessen Sprache man nicht versteht, ein Nachbar aus dem Haus gegenüber, in der Dämmerung im Garten grillt mit ein oder zwei anderen. Die Tomatenpflanze hat im November noch ein paar, vielleicht auch nur eine Blüte gebildet, ist ansonsten aber schon sehr laubig. Alles was Laub ist, wird mit dem Zweig weggeschnitten und in die Biotonne vor der Haustür gebracht, sodass nur noch ein noch frischer Trieb, der es schaffen könnte, vielleicht noch mit ein oder zwei Blüten, bleibt. Dann die Pflanze aus dem große Topf, der in der einen Balkonecke steht, wie in jedem Jahr, herausnehmen und in einen kleineren Topf umsetzen, der in der Fensterbank in der Wohnung stehen kann. Das vergehende Laub aber auch hier wieder entfernen. Man könnte kurz überlegen, ob es vielleicht sinnvoll wäre, die Blüten zu kappen, damit die Pflanze dort nicht alle Energie vergeudet, aber dann beschließen, es nicht zu wissen. Und die Blüten sind ja auch Tomatenblüten, immerhin, das is nicht einfach. Bevor die abgeschnittenen Triebe in den kleinen, viereckigen Eimer für den Biomüll kommen, an ihnen riechen und den schönen Tomatenduft in das Gedächtnis der Jahrzehnte einspeichern.

Darnach, wenn dann die Pflanzen in der Fensterbank stehen, wie gewohnt gießen, dass sie immer ausreichend Wasser haben. Dann braucht es nur noch Glück.

You are fired, wird er wohl gesagt haben

Der Morgen des 7. November war der Beginn eines dieser schönen Novembertage mit grauem Himmel und einem Windhauch Nieselregen. Im Park ein Mensch, hört Radio in einer Sprache, die ich nicht verstehe, aber auch nicht muss. Hunde, eine Gruppe von Frauen, die in einer slawischen Sprache sprechen und ernst schauen.Der übliche Donnerstagstermin. Darnach ganz kurz in der einen Kneipe gewesen am halben Kreisel, einen Tisch für morgen Abend zu reservieren.Ein paar Blätter hingen noch an den Bäumen, als ich die Jakobi hinunterfuhr mit dem Fahrrad. Beim Bäcker ein Schokocroissant kaufen. Eine Frau, die kaum noch gehen kann, schiebt einen Einkaufstrolley vor sich her, auf dem sie sich abstützt, bewegt sich schrittweise nur über die Kreuzung, Schritt für Schritt für Schritt. Ein Rollator würde vielleicht besser helfen, aber eigentlich ein Elektro-Rollstuhl. Als ich aus der Bäckerei komme, ist sie immer noch auf der Kreuzung, schiebt den Wagen vor sich her, beide Hände umgreifen die Haltestange, der Wagen wird ein Stück nach vorne geschoben, dann wenige kleine Schritte, die Füße gerade so eben über dem Boden, Schritt für Schritt für Schritt. Am Tag zuvor hatte Amerika wieder den Lügner und Betrüger Donald Trump zum Präsidenten gewählt und am Tag zuvor hatte der zu stille Kanzler den Finanzminister entlassen. You are fired, wird er wohl gesagt haben, oder etwas in der Art. Das Geräusch des nassen Laubs unter den Fahrradreifen, dazu der Geruch der Pilze, die das Laub jetzt schon zu zersetzen begonnen hatten.

Bin ja doch kein Leuchtturmwärter geworden

Der Mann im Spiegel denkt warum ist da Zahnpasta auf dem T-Shirt und macht einen Wasserfleck, der mit dem Handtuch weggerubbelt wird und das T-Shirt hat eine Abbildung von einem pfeiferauchenden Seemann mit Bart und einer Mütze, man sieht die Augen nicht, der Mützenschirm verdeckt sie, manchmal denke ich, das T-Shirt wäre vielleicht ein wenig anmaßend, da ich wenig mit Schifffahrt zu tun habe außer vielleicht mit einer Fähre auf eine Insel zu fahren im Urlaub, aber auf der Insel arbeiten sie auch alle in der Kurverwaltung und kaum jemand fährt zur See, sie tragen gerne Troyer, das ist alles. Ich habe auch ein T-Shirt mit einem Leuchtturm darauf und bin ja doch kein Leuchtturmwärter geworden, die gelbe Farbe ist allerdings bereits etwas porös. Dann auf das Fahrrad und zum Schwimmbad. Dann ins Schwimmbad, schwimme im Springerbecken so hin und wider, es springt ja noch niemand sehr mutiges mit großer Pose 10 m in die Tiefe, oder 7½, oder 5 vielleicht und die Sonne scheint in das von den Wänden blaue Wasser und hinter der Hecke, die vor dem Zaun steht, zieht der Aufbau eines Kanalschiffs vorbei. [25.6.24]

Aus den Briefen – 19 –

Ich habe einen Etikettendrucker und ein T-Shirt, auf dem ein Skalenblatt mit den Namen der Mittelwellensender aufgedruckt ist.

Der Schlangenkaktus auf der Fensterbank bekommt immer die Pfütze kalten schwarzen Tee, die ich stehen lasse, so hat es die Oma schon gemacht und es ist dieselbe Pflanze.

Als ich gestern bei Lidl einkaufen war, pfiff ich fröhlich den Song Lithium von Nirvana vor mich hin, „I want it I’m not gonna crack, I like it I’m not gonna crack“. Das stimmte so nicht, wie sich später herausgestellt hat.

Lithium ist als Metall besonders für zwei Einsatzbereiche bekannt: Einerseits wird es als Medikament — etwa als Lithiumcarbonat — bei u. A. bipolaren Störungen gegeben, andererseits findet es Verwendung in Akkus, (»Lithium-Ionen-Akku«), wie sie etwa in Telephonen, Elektro-Rollstühlen und -Autos verbaut werden. Protofaschistische Milliadärsmogule der Qualität James-Bond-Bösewicht haben einen großen Bedarf an Lithium, welches allerdings in Brandenburg eher nicht in besonders großen Mengen im Boden zu finden ist.