Pizzabote der Apokalypse

Den Schafen auf Wiedersehen gesagt, am Montag.

………………

Dienstag. Als ich am Morgen durch den Bahnhof gehe, wird gerade der 7-uhr-20-Zug nach Norddeich/Mole angesagt. Vor dem Bahnhof eine Tonaufnahme von Dohlen, Krähen, Kehrmaschine gemacht. Wer im Grand Hotel oder Kaiserhof absteigt, für den ist das Spektakel im Zimmerpreis inbegriffen. Die Vögel sammeln sich hier an jedem Morgen vor der Dämmerung. Sie sitzen in den Baumwipfeln und fliegen in kleinen Gruppen über dem Bahnhofsvorplatz, über dem ein Netz aus Kabeln gespannt ist, an welchen Lampen hängen. Auch diese Kabel nutzen sie, um sich darauf niederzulassen, vorzugsweise dort, wo die Kabel dicht an die Baumkronen anschließen.

………………

Donnerstag. Im Donutladen im Bahnhof kauft der Kunde vor mir ein paar Donuts mehr ein und ich fragte ihn, ob er für die Abteilung einkauft, ja er hätte heute Geburtstag, herzlichen Glückwunsch. Kaufe auch Donuts für die Abteilung und dann gehe ich zur Haltestelle, wieder die Dohlen und Krähen.

Aus dem abfahrenden Bus sehe ich ein Schulkind in einer dünnen Jacke, das vor einer Baustellenabsperrung sitzt und in einem sehr dicken Buch liest, die Maske auf, Paperback.

An der Podbi steht der Bagger auf den Trümmern eines Hauses, das gestern noch stand, die vordere Wand des Erdgeschoss noch da, auf einem vergilbten Schaufenster das Wort Pizzabote.

Bleiches Grün

Kurzer Fußweg vom Kröpcke durch die Theaterstraße und zum Thielenplatz. Draußen vor einer Lokalität namens „Stadtmauer“ sitzen chinesische Messegäste oder Touristen. Einige Schritte weiter fällt mir ein, wie ich vor Jahrzehnten hier einmal im Sommer an der Straße gestanden und auf jemanden gewartet habe, vor einem Französischkurs. Mir fallen die Blätter der Platanen wieder ein, die rechts und links neben der Straße stehen, ihr ein wenig bleiches Grün dieses kurzen Augenblicks. Es sind die gleichen Bäume, die dort noch stehen und in denen die Dohlen und Krähen sind. Am Thielenplatz warte ich noch, an eine Litfaßsäule gelehnt, bis ich die Aufnahme beende. Menschen gehen und Autos fahren vorbei. Der 121er Bus. Über die Brücke zwischen Thielenplatz und Schauspielhaus fährt ein Metronom. Auf einem Plakat steht „Sushikino“.

Wieviele Dohlen jetzt in den Bäumen der Theaterstraße wohnen

und in den Ästen sitzen und sich mit den Krähen besprechen, dass ist mir ja heute am Abend aufgefallen, als ich auf dem Wege zu einer Vermessung von Körperteilen mich befand. Das Arbeitsjahr heute bravourös abgeschlossen.

Noch immer blühte die Gänseblume auf dem grünen Streifen neben dem Logitstik-Unternehmen, auch noch sichtbar: der neu eingesähte Rasen über dem frisch verlegten Glasfaserkabel, so grün wie die junge Hoffnung, immerhin. Davon habe ich kein Foto gemacht. Aber von der Gänseblume.

[If the birds are united]

Amsel in der Kiefer from fabe on Vimeo.

Amseln wohnen im Hinterhof (und im Vorgarten, sitzen sie in der Kiefer, etwa) sowie auch Meisen, die jedes Jahr eine Nistbox aufsuchen, die an der rechten Außenwand des verglasten Nachbarbalkons angebracht ist. Außerdem ein Elsternpaar und ein Paar von Eichelhähern mit ihrem lautlosen Flügelschlag. Ringeltauben sowieso. Auf den Schornsteinen des Hauses gegenüber sitzen regelmäßig verschiedene Dohlen. Wenn eine Krähe sich in den Hinterhof hineinwagt, dann tun sich alle Vögel zusammen und versuchen, sie zu vertreiben, die Amseln, die Eichelhäher, die Elstern auch und ich meine wohl sogar die kleinen Meisen (unterstützen zumindest durch laute Warnrufe). An manchen Tagen setzt sich sogar ein größerer Raubvogel auf den Ast der Birke und hat dann Mühe, wieder aus dem Gezeter herauszufliegen, welches um ihn herum anhebt.

Nur welcher Raubvogel ist das?

 

Kauze wurden noch nicht gesichtet

… in unserem Hinterhof, aber als ich neulich nächtens den/das Radioessay „Nichts ist mir zu klein“ von Arno Schmidt hörte, (darüber dann doch einschlief, was an mir lag), in welchem es um den wohlgenährten Realisten Brockes und seine Naturbeobachtungen geht, musste ich sehr wohl an die Dohlen denken.

Die mir so ans Herz gewachsen sind, dass ich Menschen von Ihnen erzähle. Zumal obiges Foto an diesem Tag entstanden ist, wie auch eine weitere Tonaufnahme aus unserem Hinterhof: Den ich gerne mag: Gedämpft durch die Mauer des vorgelagerten Hauses ist das stete Rauschen der Vahrenwalder zu hören und die Straßenbahn: Auf dem Balkon blüht jedoch der Salbei, und Katzen teilen sich das Revier.