Um Fotos von den Krähen zu machen,

die an jedem Morgen in den Wipfeln dort sitzen, bin ich am letzten der kalten Tage, der auch der kälteste der kalten Tage war, kurzentschlossen an der Haltestelle Krügerstraße ausgestiegen.

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Krähen sind Tiere die dann misstrauisch werden, wenn der Beobachtende stehen bleibt und sich nicht bewegt. Dann fliegen sie auf von dem Platz, wo sie sich um das gefundene Fressen balgen und sitzen gleich wieder in den Bäumen. 20160122_083728 20160122_083812

Es war wirklich sehr kalt und ich zog, gleich nachdem ich für fünf Minuten die Sache mit den Fotos versucht hatte, wieder die Handschuhe an und besah mir die Menschen, die sich mit bleichen Gesichtern am gegenüber liegenden Bahnsteig unterhielten und ihnen die Kälte aber gute Laune zu machen schien.

Auflösung / Einsamkeit / Apfel

schmück dich jetzt mit jugendlichem Leichtsinn,
Einsamkeit, Komma, in höherer Auflösung, bedeutend

, mit einem Apfel in der Manteltasche, U-Bahn fahrend,
Dein fieberndes Antlitz (Dir selbst nur noch zugewandt),

Dein nie wieder alterndes Bild, sich ewig wieder
hohlend ausgesendet wird. Dein ausufernder Turmbau

liebkost und am Leben erhalten von Bachstelzen nur
und Markennamen, die Du aus Deiner Kindheit noch

kennst.

Zischen Zwischen und Zwischen.

„Deutschpoeten“ ist ein Wort, das hätten sich jetzt auch die Faschisten ausdenken können. Dies zusammenhanglos vorweg. Am Freitag jedoch lief der lyrische Filter auf Hochtouren, es hätte vieles daraus sein können, was jetzt im Moment versunken ist. Der hier Schreibende als Karrierecoach — schreib doch auf deine Visitenkarte „Rennfahrer und Ufologe“ — der hier Schreibende als Tontechniker: Die Lautsprechermembran aus Wellpappe, mit Kaninchendraht zur Induktion und mindestens Drehstrom! So kann’s gehen: Dem Tag die letzten Zeilen abgepresst, zwischen Zwischen und Zwischen. Der Schwüle Dezember nach der Novemberhitze, der Glasbunker am Rande der Stadt, am Morgen die Taubenschwärme, von Zeichen in der Luft,

Prinzessin Shiitake

Jetzt lernen die kleinen Meisen fliegen, seit Sonntag schon sind sie unterwegs, hüpfen von Wipfel zu Wipfel, immer dorthin wo gerufen wird. In der clorophilen Morgenluft: Wenn der Wald noch ganz den Läufern gehört und den Menschen, die das Glück haben (so wie unsereiner Name sei Hase), mit dem Rad hindurchfahren zu können auf dem Weg zur Arbeit.

Beim Bäcker die Schlagzeile „Jeder zweite Rentner bekommt weniger als Hartz IV [700 Euro]“. Ganz abgesehen von der mehrfachen Unrichtigkeit dieser Aussage lässt sich hieran bereits im Juni gut erkennen, in welcher Richtung sich die Bürgerlichen im Wahlkampf ausrichten werden. Da hat die Kampagne schon begonnen. NDR2 verkündet derweil den //Diversity Day//, womit das Musikprogramm nicht gemeint sein kann jedenfalls. Am Morgen bereits zwei kleine Italiener aus Hamburg gehört, auf dem anderen Sender, die erzählen das sie wegen ihrer Doppelkultur ja was besonderes zu bieten hätten auf dem Arbeitsmarkt. //Competition-Day// also eher. Bezahle ich mein französisch-amerikanisches Systemfrühstück (Croissant & Donut) und trolle mich davon.

Prinzessin Shiitake derweil, in Abwesenheit des Königs a.a.O., sitzt sie auf ihrem Thron, einer feinen Laubsägearbeit, und regiert das Reich wie von Zauberhand, sich das buntschillernde Gefieder zupfend.

Das war ein Winter

   ganz nach meinem Geschmack! Ein wenig zu warm an manchen Tagen. Das Land hat einen ganzen Wald in den Ofen geschoben und einen Kohlenberg noch dazu.

Es schneit ja immer noch! Und da stößt die Flexibilität der kapitalistischen Plansollerfüllung an ihre natürlichen Grenzen, es gibt kein Vogelfutter mehr zu kaufen, ein Saisonartikel, so bekommen die Gefiederten jetzt Papageienfutter gestreut, die ersten bunten Federn wachsen bereits und besonders den Meisen steht es sehr gut an, die kleinen Hirsekörner. Auch unsereiner schräger Vogel steht auf wackligeren Beinen in der kalten Luft und ist es erst langsam überdrüssig, auch wenn ich nun, heute morgen erst, das „Winter Journal“ von Auster zu lesen angefangen habe, in der Bahn zur Arbeit, dem langgezogenen Transit-Schlauch.

Eine Zeichnung von Menschen in der U-Bahn oder in einem anderen Nahverkehrszug

Zeichnung: gunopark.tumblr.com

Die Hälfte liest vielleicht Bücher oder eine Zeitschrift, oder 1/3 möglicherweise. Ein weiteres Drittel tatscht auf den Bildschirmen der Devices rum und macht ein blödes Gesicht wohlmöglich noch dazu. Leute, die Ihr Telefon Smarty nennen. Ein Mann spricht mit einem Freund über irgendwo herausgeholte Leichenteile, darüber wie er jetzt arbeitet und wo und schließlich das man sich wieder sehen könnte, demnächst einmal, in dieser Reihenfolge und ohne nennenswerte Nuancierung in der Stimmlage, es ist alles dasselbe für ihn an diesem Morgen. Mir kommt in den Sinn, wie Bildagenturen ihre Werke neutral und dennoch emotional beladen zu beschreiben versuchen, ich denke an Happy Caucasian Couple Enjoying Dream Vacation. Später am Tag dann, das Aushandeln der AGB mit den Schusterjungen und den Hurenkindern.

[Is bigger than your <3]

[Gestern] Wort des Tages ist: ermöversionglichen

<Flap>, <Flap>, <Flap>,  so machten die Flügel der Krähe in meiner Vorstellung, der Krähe die ein wenig langsamer als die anderen hintendran flog, in der Winterluft, in kleinen Sprechblasen,

[Tags zuvor] In der alten Station, durch die ich jetzt wieder an jedem Tag fahre, die meine Schulstation gewesen und an der die Schüler aus 4 oder 5 Schulen einsteigen müsse, die alle ungefähr zur selben Zeit Unterrichtsschluss haben, kümmern sich jetzt Securitys um den Andrang auf die einfahrenden Züge. Ja wir sind doch noch nicht im Tokio hier! Im Kröpke, als Gegenbeweis, eine Jutetasche mit Aufdruck „Love Istanbul“.

Das Haus neben dem Theater am Aegi wurde großflächig abgerissen, ich fuhr heute daran vorbei, ich war heute mit C. verabredet, am Döhrener Turm tatsächlich, nur eine Station weiter, ich hab Fotos von dem abgerissenen Haus gemacht, seinem Schatten an der Wand, an die hatte es sich gelehnt noch bis,

Dann ein Stück gegangen, geredet, bis zum See und wieder zurück. Jetzt beginnen wieder die Texte auf der Arbeit, in eine kleine Datei geschrieben und mir selbst zugeschickt, der Teil dort oben fing so an, während hier nicht das entsteht was gedacht war, was aber nicht schlimm ist, entsteht anderes anstatt dessen und am See der war zugefroren die Enten und die Schwäne und eine Graugans und die Möwen in einem winzigen Wasserloch,

Auf dem Rückweg noch kurz in der Stadtbibliothek, nachschauen was noch an Summe offen ist (im Kopf der Haken bei „Januar“), alte Musiknoten werden im Erdgeschoss verkauft, was es nicht alles gibt, ein Mädchen mit Rastazöpfen raucht eine selbstgederehte Zigarette, vor der Tür, in der klirrenden Kälte, <Klirr>, <Klirr>, denn so ein Tag war heute. Über Godot werde ich dann später etwas schreiben.