Haiku in der Zwischenablage

Ich hatte ein paar Zeilen geschrieben, die an eine andere Stelle kopiert werden sollten, bin dann aber einen Tee kochen gegangen und (irgendwie) spontan zum Einkauf — den ganzen Weg über musste ich dann an das Haiku in der Zwischenablage denken. Wie es an keinem wirklichen Ort ist, wie es sich zwischen den Dingen ereignet.

Abends stehe ich im Schlafanzug auf dem Balkon und hänge die Wäsche auf, gieße die Blumen. Die kühle Abendluft.

Sternenstaub, welch schwacher Trost.

jasmin

heute roch diese stadt nach jasmin, am morgen, oder einer ganz ähnlichen blume jedenfalls. das fahrrad fährt den berg hinauf und hinab am abend, der kein berg ist, aber merkbar. in der pause eine tonaufname von vögeln gemacht und dann von fröschen, die in einer überfluteten wiese in der leinemasch saßen. es ist schön dort gewesen, während auf der arbeit worte die erfunden sind und der baum weiter wächst aus dem dach der gummifabrik die noch nicht postindustrie doch kurz davor und ein großer teil des hauses ist ja bereits rechenzentrum usw., fahr ich an der alten schule vorbei, fahr ich den ganzen maschsee hinunter am morgen, fährt sich nicht von selbst die kilometer entlang, zwischen hier und dort. der geschnittenen rasen das hemd in dern ärmeln die enten auf dem see. die jetzt schon wieder ganz vergessenen worte, all das was fern ist und fern bleiben wird, jetzt für immer. in den büchern nur steht etwas über das wahre leben, die möglichkeit besteht immerhin, auch in den augen blicken dazwischen.

Jetzt blüht der Raps, die

 ganze Stadt riecht so am morgen, als ich aus der Tür trete, reibt sich der Ölbauer die schmierigen Hände in Unschuld, kann man Geld nicht Essen, aber wenigstens mit Essen Auto fahren. Heute am Morgen, als ich zur Bahnstation lief, einen Kohlelaster in einem rußig-grauen Ultramarinblau gesehen, der die Ladefläche voll hatte mit Kohlesäcken aus Jutestoff. Aus einer anderen Zeit ist der gefallen, aber es wundert mich garnicht, die große Straße ist nicht sehr zuverlässig, was ihre Begrenztheit und Verortung betrifft. Von drei Sorten Schnee geträumt. Der Schnee im Garten des Elternhauses, der trotz des Frühlings immer noch dort lag. Wir alle wissen was mit ihm ist. Der Schnee auf der Limmerstraße, den türkische jugendliche als Fussball nutzen statt Coladosen, der fallende Schnee (im kleinen Park beim Schwimmbad). Beim Systembäcker kaufe ich, wie jeden Morgen, zwei Schokocroissants, ziehe den Fünfer ungeschickt aus der Tasche so er einreißt, gleich sagen //Upps ich mache ja das Geld kaputt//, gleich denken //macht kaputt, was Euch kaputt macht//, die Systembäckereifachverkäuferin sagt //kein Problem ich reparier schnell// und schon hat sie den Tesa-Film gedreht. Etwas weiter weg von hier, ich radele dorthin in der Mittagspause, wie ich immer wegfahre, neben den Bahngleisen, ist das die Gegend, in der die Panzerknacker wohnen, in einem Wohnwagen neben einem großen Busch. Es fehlt ja nur noch der Schornstein an der Seite hinauskuckt, aber den denke ich mir mit Leichtigkeit dazu.

In der Bahn (und es ist ein regnerischer Morgen im April) beginne ich in der EDIT zu lesen, die ich neulich schnöselig im Bahnhofs-Pressehandel gekauft habe, noch dazu mit einer Leder-Umhängetasche über der Schulter, das nimmt Formen an. Zunächst etwas skeptisch, als ich Zuhause darin herumgeblättert habe und die Leipzig-Verbindung bemerkte (Zugegen! es ist das erste Mal, dass ich diese Zeitschrift lese!) und Schreibschulen-Formate zwischen Droge und Bausparvertrag witterte, aber da ist ein Gedicht von von Lowtzow, dem König von uns Schnöseln aus Nachlässigkeit und dann auch noch die erste Geschichte, in der die Krähen eine Hauptrolle spielen, dass hat mich gleich für das Blatt eingenommen. Zwischendrin die Albernheit, dass war nicht so meins, aber die tollen Gedichte //Noms de Guerre// von Vesna Lubina, //Es gibt keine bellenden Hunde mehr// von Maarten Inghels und //Die Drift// von Margarita Iov, ein Text der einen Gedanken formuliert, der gut dazu passt was hier gedacht wurde beim Einfall des Mottos, //Die Zeit aus den Fugen zu schreiben//, der Satz steht auf S. 85 unten und es geht um den Urknall, dass der noch nicht zuende ist und der Raum in der Zeit auseinanderdriftet und mit ihr auch. Zwar wird nicht ganz klar, ob und wer in der Geschichte verrückt ist.

Leute reden auf 3 verschiedene Arten mit sich selbst. Da ist der manische Rapper, in der Ecke der langen Bank sitzt er, hat ein verzerrtes Gesicht und bewegt auch ruckartig den Oberkörper vor- und zurück, vor- und zurück, ~, wobei er seinen Rap macht, dann ist da der sprittige Zischer, in derselben Bahn, der, ganz leise nur, böse Worte in vor sich hinmurmelt, beide in derselben Bahn und so gestellt vom Schicksal, dass sie sich wohl sehen und hören können, dies aber nicht tun. Am Abend dann der Weißhaarige mit der Plastiktüte, der sich mit sich selbst bespricht und die zweite Stimme klingt als würde ein Papagei ihm antworten, ich hoffe er hat nicht eine unserer Tauben vom Dach sich geangelt mit seinem Tür- und Angelschein aus der Zeichentrickkiste, was es erklären würde.

So schreibe ich am Abend mit fliegenden Fingern die Tage wieder ins Reine, die Schnellnotizen in die große Schreibmaschine hinein.

Am Abend als ich in die Küche komme, dort landet auf dem Balkon gerade eine Krähe im Streit mit ein anderer Vogel auf dem Korb in dem die Äpfel sind, ich mache schnell die Tür auf und der andere Vogel hinfort fliegt, die Krähe sie bleibt, ich fürchte sie hat den Flügel zerbrochen und stehe ganz still, mache die Tür ganz leise zu und stehe ganz still in der Küche, still, ~, nun weiß ich nicht und mir wird warm im Gesicht, schließlich überlege ich sie mit Sonnenblumenkernen zu bestechen und als ich aber die Tür ganz leise wieder öffne, fliegt sie schon hinfort und eine Elster mit der sie sich zankt in der Nachbarschaft. Ich mache dann den Reis warm, in einem Sieb über Wasserdampf, dazu Tomatensoße aus dem Glas.

Kurt

Kurt SchwittersVor 101 Jahren und 2 Tagen starb Kurt Schwitters. Ein Computer liest deshalb hier für Sie wie vor zwei Jahren bereits “Anna Blume” und ich fahre morgen mit der 1,2 oder 8 ganz an seinem Grab in der Nähe vorbei [wie an jedem Werktage], jedoch werde ich an der Haltestelle Altenbekener Damm aussteigen (die man auch nehmen könnte für den Weg zum Friedhof an der Engesohde) und Sie werden schon sehen warum ich hoffe es ist noch dort. Heute morgen eine schöne ganz zufällige Collage gesehen, die die Herren Schmorlundvon in Auftrag gegeben wohlmöglicherweise. Dann mache ich ein Foto. Für Kurt. Und für mich. In Digital.

[audio:http://fabe.podspot.de/files/annablume.mp3]

Instant Karma


Im Supermarkt meine Sammelbildchen den Kindern geschenkt, die von der Kassiererin gerade an die nächste Kasse zu der jungen Kollegin geschickt wurden, um dort die Kunden um eben diese begehrten Objekte zu bitten. Als ich gerade an der von Kunde zu Kunde – Pinnwand ein Foto von dem Plakat mache, welches das Streuen eines Sand-Mandalas in der örtlichen Pagode ankündigt, kommt ein Junge zu mir und fragt mich, ob ich vielleicht gerade meine EC-Karte verloren hätte.

***

Das Alles ist die reine Wahrheit und nichts wurde dazu erfunden.

[Die Blätter noch ganz grün]

Als wir am Abend noch einmal einer Erledigung nachgehen, schnell und an der großen Straße: In einer Küche sehe ich eine Frau, die ihrem Mann die Haare schneidet. Ich sehe den Mann an der Tankstelle stehen, der jetzt nicht weiss wo er hingehen soll, und einen auch in einer Hofeinfahrt, er blickt auf etwas, das in seiner Hand liegt, Wechselgeld oder eine kleine Portion Drogen, im gelben Geistlicht. Die Platanen wurden geschnitten, Haufen von Laub und an einer Stelle kleingesägte Äste liegen neben den Bäumen. Überlege, ein oder zwei mitzunehmen, um sie zu haben und vielleicht in einem Paket zu verschicken an abwesende Freunde. Die leider alle die Stadt verlassen haben, bevor

Hippies


„Die Hippies waren bekanntlich ein früher Fall einer medienvermittelten Bekanntmachung des Lebensstils einer kleinen Gruppe, die dann breite Teile der Jugend in den industriellen Ländern des Nordens ansprach.“ 

(Friedrich Krotz: Mediatisierung)