Tungsten Pentachloride

Die Kälte macht mit mir, dass ich mich gerade sehr lebendig fühle, auch wenn sie mich anstrengt. Ich bewundere die Vögel, diese kleinen Wesen, wie sie es schaffen nicht zu erfrieren. Am einem Morgen, bevor es kalt wurde, hörte ich die Amsel zum ersten mal singen. Momentan hört man aber nichts davon, welchem Vogel jetzt der Baum, der Busch, der Giebel und die Antenne auf dem Dachfirst gehört. Das fängt dann wieder an. Am Abend noch einen kurzen Weg mit dem Fahrrad gefahren, um Wein und Bier und Milch und Butter zu kaufen. Zwei Meisen flatterten durch die Birkenzweige, als ich das Rad an der Laterne vor dem Haus anschloss, als wenn nichts wäre, ungewöhnlich leise war ihr Zwitschern jedoch. Via Mail wird mir Tungsten Pentachloride angeboten.

Gestern oder heute sagte ich zu den beiden Kollegen, dass dieser plötzliche Winter für mich ein wenig eine Normalität wieder herstellt. Dabei das latente Wissen, das es sich gewissermaßen um eine Simulation handelt und dass das Eis am Nordpol trotzdem weiter schmilzt. Jeden ersten Augenblick der dunkle Abgrund der Dystopie, der seinen gierigen Schlund unter den Füßen aufsperrt, jeden zweiten Augenblick die glitzernde Welt der Science-Fiction, in der die Maschinen endlich unsere Arbeit machen.

8 Kommentare zu “Tungsten Pentachloride

  1. Bei kniffligen Entscheidungen stoßen Triviale Maschinen, etwa besonders komplexe Münzwurfautomaten mit eingebauten Algorịthmen, ja leider noch sehr schnell an ihre Grenzen…

  2. Manchmal denke ich, dass es gar nicht so wichtig ist, welche Entscheidung getroffen wird. Wichtiger scheint mir zu sein, dass überhaupt eine Entscheidung getroffen wird. Verbindlichkeit und Entlastung.

  3. Danke für die Vogeluhr @Libraloop ! Hier in der Stadt wohnen sie nicht alle, aber doch erstaunlich viele. Irgendwo hatte ich das aufgeschrieben, fragt sich wo.

  4. Der Star sollte vielleicht mal einen HNO-Arzt aufsuchen. Ich würde es zudem begrüßen, wenn der Vogelgesang erst deutlich nach Sonnenaufgang einsetzen würde 🙂

  5. Ich war sehr begeistert von der Amsel, die vor mir auf dem Weg morgens zur Fabrik in einer Eiswasserpfütze ein Bad nahm. Eine gewisse Kälte bruhigt Kopf und Körper, das wußte die wohl.

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