*** Riding on Timelines ***

Der Pappkarton, in dem das vergoldete
Sparschwein eingepackt war
das ich dann letztenendes kaufte
(das kleine, das große war aus)

riecht nach jasmin

und ich sammele darin klopapier-innenrollen
(auf die es aufgewickelt ist)
zum kerzengießen

in einer fernen, besseren zukunft
ohne elektrisches licht

wohlmöglich

***

Stories & Places finde ich schön, obschon ich mir eine Möglichkeit wünschte, auch einen Weg dort abbilden zu können. Denn es ist der Entstehung dieser merkwürdigen Texte, die ich hier schreibe und die sich keinem Genre geben, geschuldet, das sie unterwegs entstehen, zumindest in ihren Ursprüngen, und vom transitenen Dasein handeln, zumindest im kleinen, zumeist, also in der U-Bahn dieser Stadt (über die ich, wie richtig bemerkt wurde, sehr viel schreibe in letzter Zeit, aber auch dies, man nimmt was man kriegt und schreibt auf alles was aus Papier ist oder ein Eingabefeld hat) und in letzter Zeit denke ich auch oft darüber nach, wie dieser Zustand ist und wie auch Städte fragmenten sind, wenn sie unter der oberen Schicht durchquert werden, so wird aber doch eigentlich (und das ist genau richtig so) die U-Bahn auch zum Gesicht einer Stadt, das sich mir zeigt, mit der gleichen Bemalung bei Tag und bei Nacht)

[<-Sonntag][Dienstag->] Nun ist der Regen wieder und die schöne Kälte ist vorbeigezogen, auch diesmal ist leider nicht alles festgefroren wie es zu erhoffen wäre, Salz und Pflug tun es. [Donnerstag->] Gestern am Feierabend noch aus Mandarinenkisten ein Vogelhäuschen gebaut. Es sieht aus wie eine Vogelbushaltestelle, in etwa. Aber die Ringeltauben mögen es nicht sehr gerne, es nimmt ihnen zu sehr die Sicht. Auf dem Weg nachhause neben dem Eingang der Buchhandlung, die früher einmal Schmorl uv Seefeld war (und die zur Hintertür hin, ich habe ein Foto gemacht während daneben ein Punk aus Scheißegalien saß und inbrünstig den „Goldenen Reiter“ gegeben hat, damals jedenfalls noch diesen vertrauten Schriftzug an der Fassade lug und trug) einen Mantel auf dem Boden liegen gesehen aus Kunsteichhörnchen, mit dem jmd. seine Habe abgedeckt vor dem Schnee. Im ersten Stock jedenfalls hat sich jetzt auch einer der Caféläden breitgemacht, dieser amerikanischen Kette. So sind die Leute. In der Bahn sitzt eine Frau, die hat eine Jutetasche dabei, ein Denkmal abgebildet auf einer Düne, ich kenne es und habe gleich wieder das Fernweh, unvermittelt und für das Fernweh ist immer Zeit, zwischen zwei Stationen und einem Absatz im Korrektorat.

welches gehört nicht in die reihe?
beige | beistrich | beischlaf | abstrich

[<-Dienstag] Der Mann der mit einem kaputten Gesicht in der U-Bahn sitzt, der ganz traurig schaut, dabei gleichzeitig ein wenig fürchterlich, dass man sich nicht traut in seine Richtung zu sehen. Wie schlimm das ist, ich weiß ja wo er jetzt hinfährt, in dieser Linie in dieser Richtung, [~]. Zuvor weil immer alles so eng beieinander gedrängt passieren muss in den Flaschenhälsen, die man Tage nennt, der Mann der mir die Haare schneidet mit der neu geschliffenen Schere dicht an dicht, den Fön hält er an den Kopf das der ganz heiz wird, und ich kam raus aus dem Laden und bin in den Plattenladen neben an gegangen und habe mir die Platte einer uralten Boygroup gekauft mit grauen Haaren so wie selbst, sie auf das Telefon aufzpielen und auf der Arbeit zu hören während ich am GIT rüttel und mir also überlege ob ich so leben will. [<-a.a.O., Montag] gerade blitzt es draußen und gleich kommt also das erste gewitter des jahres, sturm ist.

***

Mann in Jeans mit hellem Hemd und Bart meets
pretty woman browsing on laptop. Hot <3.

So sind die Texte zZt denn sie sind abgespart von den Minuten, den Zwischenzeiten, weithin. Wir legen gemeinsam einen großen Schalter um, es ist sehr anstrengend, doch wir sitzen am längeren Hebel am Ufer des Flusses.

das gedeihen in der täglichen müdigkeit,
der schatten der nacht die unsere geschichten bedeutet.
nothing to commit (working directory clean)

Anfänge

Nieselregen, der sich als eine feine Schicht (in der U-Bahn erst wird er in das Gewebe einsickern) auf den Wollstoff des Mantels legt, wenn man dann noch in der Tasche ein 2-Cent-Stück hat das (mit den Fingerkuppen fühlt) und etwas Sand vielleicht, am Morgen, an der Bahnstation, (Das neue Jahr begrüßt mich mit Blaulicht und Trompetenschall).

Ich höre die Musik von fernen Städten (Jem’Hadar durch einen ebensolchen Schlauch in die Halsschlagader zugeführt wird, als Belohnung, als Nahrung und Überlebenselexier). Später am Tag sitzen gleich zwei Programmierer vor meinem PC und öffnen eine Shell nach der anderen. In der Mittagspause ist es ein veritabler Regen geworden, aber auch nicht einer der einen stören würde, es regnet halt, da gewöhnt man sich dran im Laufe ~. Ich gehe ein Fischbrötchen kaufen.

Der Supermarkt liegt gegenüber der alten Wülfeler Brauerei, in der noch während meiner Kindheit eine einheimische Biersorte gebraut wurde. Jetzt stehen ein Burger King und ein Lidl, neben anderen Geschäften, an Stelle derselben und man kann sich nur wundern darüber. Immerhin gibt es einen Bäcker im Supermarkt, es gibt einen Fischladen und ein Schreibwarengeschäft, im ersteren Fischbrötchen und im zweitren sogar Briefmarken. Der Supermarkt selber ist eine vollgestellte Fabrikhalle, ich entsinne mich das hier einst ein Allkauf war, dessen Café einem dieser Arbeitseinsätze als Treffpunkt diente, ich kann mich beim besten Willen nicht entsinnen, was für eine Arbeit das gewesen ist und in welchem Jahr sie war, auch die Jahreszeit weiß ich natürlich ebenfalls nicht mehr. Im Radio läuft Uberlin und wenn die Musik einmal im Supermarktradio angelangt ist, so bleibt sie dort auch für immer, da kann sie noch so wundervoll sein. Es hilft nichts. Diese Geschichte endet hier.

**

[Dienstag] Wenn der Kollege das Fenster geöffnet hat, kann man von der nahen Bahnstrecke die Güterzüge vorbeifahren hören. Niesel.

**

[Mittwoch] Abends. Niesel. Als ich aus dem Krankenhaus komme, laufe ich die Braunstraße hinunter in Richtung Glocksee und breite die Arme aus für einige Meter, den schönen Regen gebührend zu würdigen.

Das Geflecht der Oberleitungen über die Kreuzung am Café Safran. Die drei warmen Brüder werden jetzt in Violettönen angestrahlt, was ihrem Namen nur gerecht werden kann. An der Bushalte macht gerade ein Mädchen mit krausem braunen Haar mit ihrem Handy ein Foto davon, ich bleibe stehen, um ihr nicht in das Bild zu laufen, Sie können ruhig gehen sagt sie, ich ich kann aber auch kurz stehenbleiben. Dann nehme ich den Bus 100 nachhause. In dem riecht es mal ordentlich nach Gras.

**

[Dienstag darauf] Mit Sekundenkleber die Sekunden zusammengefügt für eine Stunde, entgegen dem Uhrzeigersinn, tick tack. Im Zementfrack spatzier ich die Straße entlang, mein Name sei Art Vendelay aus Hannover-Döhren, wo die Straßen gerade geführt sind in Richtung zum Fluss. Genäht ist der aus den zu langen Hosen der Kindheit, der Flickenanzug, gesäumt von den vergangenen Vonwegen. Ich schleiche um die Ecken und reibe mich gegen Vorwände aus Papier, die nassgeregnet sind. Am Morgen müdigkeitsinduziertes Fernweh, bestärkt durch das Ansehen eines Lexikon-Eintrags zum Thema Belgien. Schneé.

**

Dies sind die ersten Dinge dieses Jahres, das begann mit einer Dehydra im Rückschwung des Pendels, geschlungene Boa um den Janusköpfigen Passagier, der ich war (zusammen mit Dir). Zur Jahresendewende in der Stadt am großen Fluss, jedoch dort nur den U-Bahn-Tunnel und etwas von Eimsbüttel am Abend und am Morgen im strömenden Regen gesehen. Der Mann in dem Café im Hauptbahnhof, der plötzlich am Spielautomaten 240 € gewinnt, er freut sich, kommt sofort ins Erzählen, von den Lotterien und den verschwindend kleinen Chancen, von der Familie und der Arbeit in einer Baufirma, für die er wohl nach Deutschland kam, in einer fernen fernen Zeit, „Guten Rutsch ja Guten Rutsch und viel Glück ja Glück ja ebenso“ [*] Am nächsten Morgen in der U2, die beiden kleinen Mädchen, 11 vielleicht oder jünger, mit ihren kopftuchbedeckten Müttern Tanten großen Schwestern, erzählen was sie gerne werden möchten: „Wenn ich groß bin möchte ich gerne Star werden. Oder Model. Oder Kindergärtnerin“ dies kann ich tun: Unabhängig vom „Jetzt“ ein Es war einmal hier entwerfen, niederschreiben, noch Tagesaktuell weil noch nicht entstanden, weil der Jahreszeiger sich immer noch ganz am Anfang befindet, die ersten zehn Minuten oder eine viertel Stunde, so viel geschehen bereits und schon wieder, siehe hier oben, siehe hier unten, siehe die Ränder dieses randlosen Textes.

An diesem 2. Januar jedenfalls, regnet es immer noch vom Himmel, ich lese in meinem schönen Buch, das im Rucksack von der Reise einen kleinen Riss im Cover bekommen hat, „The Catcher in the Rye“ – (Und dann der schöne Schnee dazu. Ich habe nach Jahren, den Proust eh schon wieder beiseite, den „Fänger im Roggen“ wieder einmal begonnen, weil ich mich erinnerte das mir dieses Buch immer ein gutes Gefühl gegeben hat. Ich habe die Handlung des ganzen schon wieder vollkommen vergessen, aber immerhin liegt es nun auch einmal auf englisch in der Post, seit mehreren Tagen jetzt schon,
weil die Packstation zu voll gewesen ist. Da kann ich es schlecht abholen. Die Post ist eine Behörde mit Behördenöffnungszeiten. Aber vermutlich ist auch die deutsche Fassung die, die mir dabei hilft, mich an Dinge zu Erinnern, die ich nicht selber erlebte.), so jedenfalls schrieb ich in einer Mail im Dezember schon, ich lese und mir gegenüber sitzt ein armer Mann mit einem lieben Hund, ein Rottweiler kann es sein, ich kenne mich da nicht aus, dem er fortwährend Dinge erzählt, dass sie heute mal zur Post müssten (sie auch!) und dann und dann.

**

[Freitag] Am Abend ~, nachdem ich im Schwimmbad war und aus dem Becken schön den Schneé hab fallen sehen, draußen vor dem Fenster, sich plötzlich die Nachbarschaft erweitert hat um einen ganz neuen Ort, der schon die ganze Zeit dort gewesen ist, wie aber dadurch das Viertel selbst ein anderes wird, ein wenig immerhin schon wieder (es ist im steten Wandel und bleibt sich gleich), (und wenn ich vor die Tür gehe ist dort immer schon und gleich die Stadt, die Menschen und die Straßenbahn und die Autos auf der breiten Straße und all das große Ganze, sie steigen aus der Bahn und gehen und sie rennen bei rotem Licht über die Ampel und kriegen die Bahn doch noch oder nicht mehr, sie sammeln auch Flaschen in Einkaufswagen und haben Telefone in der Hand auf die sie schauen und beinahe von der Straßenbahn), an diesem Abend trotz der arg vereisten Wege mit dem Rad nach Linden gefahren, an den Runden Tisch gesetzt, entzwei ist die Zahl der anwesenden Gefährten, wir waren einst so viele. Ich hätte das alleine schon nur machen können, so jedoch saßen wir zusätzlich zu der tollen Fahrradfahrt durch die kalte Januarnacht und so weiter dort und hörten der Musik zu und tranken Bier und erzählten uns Geschichten von dem allen. Am Samstag das erste mal auf dem Markt in diesem Jahr, Äpfel und Kartoffeln. Käse und Wurst.

**

[Eine Woche später am Abend] und ich schreibe mich hinein in die Gegenwart, dort bin ich nun endlich in diesem Jahr angekommen und ein Fuß im Text und die zwei Hände auf den Tasten, die die Welt bedeuten. Draußen ist der Winter in seiner ganzen prächtigen Kälte vorhanden und die Tage sind angefüllt mit Arbeit und guten Wünschen.