Das Ende hat ein Warten

Godot (Debutalbum)Eine der schönen Sachen beim Schreiben eines Blogs ist ja, dass man auf Veröffentlichungstermine und alles getrost einen feuchten Kehricht krümeln kann und warten, bis der getrocknet ist. Um danach monatelang Katzenfotos ins Internet zu kleben und dann aber endlich mal den einen Beitrag zu schreiben. Der schon monatelang in einer Kopfschublade liegt. Dieser Artikel beschäftigt sich folgerichtig mit einer Platte, die im August 2008 veröffentlicht wurde.

Unbetitelt ist sie das erste Album von Godot und ganz herzzerreissend schön. Das man am liebsten neun Mixtapes machen möchte, um jedes mit einem dieser Stücke anzufangen oder zu beenden. Es handelt sich um eine Platte, bei der ich mich nicht so recht traute, aus dem Zimmer zu gehen um einen Tee zu kochen, als sie das erste mal lief – aus Angst, etwas zu versäumen. Kleine Chansons von der mittelgroßen bis großen Liebe, Gitarre und Gesang ganz klar im Vordergrund, alles weitere wird sich finden. Es gibt auch eine Mundharmonika, gleich im ersten Lied, das sofort so schön schrummelig um die Ecke kommt. Das zweite Stück, „Im Riesenrad“, würde ich zum Beispiel nach „Brouillard“ aus dem Soundtrack zu „Jules et Jim“ spielen, Brel, Townes van Zandt und natürlich eigentlich alle von Omaha Records, Godots Label/Musiknetzwerk würden auch gut dazu passen. Die Lieder handeln von der Hoffnung, der Sehnsucht nach der Ferne und all dem ganzen Zeug und es wird viel Rotwein getrunken.

‘Manchmal ist es besser, einfach taub zu sein, als die Welt mit jedem Atemzug zu fühlen’

Das Alles hat seine Richtigkeit, man fühlte sich vielleicht auch gerne mal wieder so, die Texte helfen ein wenig dabei. An dieser Platte haben außer Jonas von den „Crime Killing Joker Man“ noch Iris am Cello, Julia an der Mandoline und Sylvia auf der Bratsche mitgespielt. Inzwischen ist noch einiges anderes erschienen, dazu später (also in ungefähr zwei Wochen bis drei Jahren) mehr.

Download: „Godot“ (Debutalbum)

Godot bei Myspace

Am selbstgedrehten Morgen

  sitzen sie in der U-Bahn Richtung der Innenstadt, um viertel vor acht und für den guten Start in der grünen Bahn ein grünes Bier dabei mit Limonade. Leer ist sie am morgen des Hl. Abend die Bahn, die Alltagsgesichter liegen in den Betten (liegen sie) oder sitzen an den Frühstückstischen und hören „Last Christmas“ und „Heal the World“ dazu. Drei Raben krähen durch den viel zu warmen grauen Himmel über den Mobilfunkmasten in Richtung wo der Fluss fließt, als ich aus der Bahn aussteige und im Morgen stehe. Später werde ich denken das es eine sehr großstädtische Art ist, die Weihnachtstage anzufangen, indem man am morgen des 24. noch zur Arbeit fährt. Später fahre ich zurück und dann ist die Zeit dazwischen.
Weihnachtsbaum Frohe Weihnachten Weihnacht Postkarte

Alles Gute da draußen & ein schönes Fest!

Gleich kommt die Pizza

Zuvor aber noch: 10 Jahre mach ich das jetzt hier.  Zeit für einen Rückblick (hab ich jetzt grad keine). Zwar hat es größtenteils Spaß gemacht. Könnten paar mehr Leute kommen, aber ach. Dafür hat es mich wieder zum Schreiben gebracht und damit hör ich jetzt auch nicht wieder auf. Vielleicht mach ich mal was auf Papier. Das ist geduldiger. Über den Köpfen Europas schwebt ein Fass ohne Boden.

Am Ende ist man immer nicht ich.

Vor Weihnachten auf der Insel gewesen. Dazu lässt sich hier bisher kein Eintrag finden und wird es auch nicht, so ist zu denken. Jedes Jahr, am Ende, an den Januskopf und den Blick neu ausrichten, nach Möglichkeiten und Silberstreifen suchend. [Aus dem Notizbuch]: Versuche schon seit Tagen einmal etwas in das Netz zu schreiben, es gelingt nicht so recht [wie es das ganze letzte Jahr über nicht so recht gelingen wollte]. [Morgen aber, aber morgen ganz bestimmt. […]
Habe mich nun doch für die Bücher entschieden, notgedrungen und bis auf einige Ausnahmen. Und trotzdem der Gedanke, fester Gedanke, dass es allen gut gehen sollte nach Möglichkeit und sie machen können sollen wonach ihnen der Sinn. Zwar ist es ein unsicher Frieden und beständig gibt es Grenzverletzungen, einseitig. Also [lieber] die Literaturen, [Zufluchtsorte für das lyrische Ich], ein aussterbender [Wesen], das sich jetzt auch eine Zahnlücke wachsen lässt [Und keinen Bart]. Gerne auch auf Gespensterjagd*

*sind gemacht aus Vergangenheit. Das Lachen der Geister. Sie ernähren sich: von getrocknetem Tapetenkleistern (das ist warum: die Tapeten abblättern, in den Geisthäusern). Darin enthalten sind die Erinnerungen jeder neuen Schicht, die an den Wänden klebte der entleerten Wohnungen, weshalb es auch in alten Gemäuern mehr Geistwesen gibt – sie hinterlassen Spuren, überall

manchmal erwische ich eines, dann unterhalte ich mich mit ihm, eine blaue Stunde lang und schreibe danach alles auf wovon es mir erzählt hat, woran ich mich erinnern kann.

Das beste Ereignis in diesem Jahr: Etwas zuende gebracht zu haben, einen großen Stein den ganzen Berg hinaufgerollt. Das zweitbeste: Das es jetzt zuende ist. Das Jahr.

# Vorhin am späten Morgen auf dem Emmichplatz gesessen und eine Erledigungsliste in den Kalender geschrieben.

# Gestern im Schloss. Wie üblich verirrt. Sie haben im Innenhof ein Gerüst errichtet und die Aufgänge zu den oberen Stockwerken sind gesperrt, so gelangt der Besucher nur noch auf Umwegen in die höheren Etagen. Alles Masquerade. Raum F 307.

# Demnächst ist hier mit einem längeren Text zu meiner Exkursion in die Marktforschung zu rechnen.

# Ich muss nur Zeit finden, ihn zu schreiben.

# Ende.

Da fuhr

ich dann am Gestern mit dem Fahrrad zur Arbeit und am Moltkeplatz: Ist ein Markt aufgebaut, (eine Obstverkäuferin beißt in einen Apfel hinein), neben der Leierkastenfrau sitz ein dicker, lieber Hund, zuvor die Blätter, von den Bäumen, im dunstigen Sonnenlicht, fallen, ein Kindergarten macht einen Ausflug und eine Nonne, die ist auf dem Weg ins Krankenhaus vom roten Kreuz.

Die Luft ist genau richtig kalt für den Überzieher, die Sonne blitzt hinter den Gardinen hervor. So war es.

Dann heute am Morgen: Das schwärzeste Schwarz sah ich, als ich die Espressokanne aufschraubte um den feuchten Kaffeesatz herauszuklopfen. Schwarz und schimmernd, zieht es Materie an.

An der großen Straße, das Hotel wechselt täglich seinen Namen, Hot Is oder Hotel I oder Ho Ib. Ich habe dort die Möbel hinein getragen, in jedes Zimmer: Einen Schrank und ein Bett und eine Wandverkleidung mit angebauten Nachttischen, erinner ich mich, manchmal, wenn ich nun daran vorbei fahre, wie ich auf dem Parkplatz stand und eine Zigarette geraucht habe. Manchmal denke ich, dort hinein zu gehen und mich an die Bar zu setzen, für einen Abend lang, zur Messe wohlmöglich auch noch, eine Geschichte zu erfinden.

Wenn ich eine halbe Stunde vor Schichtbeginn hier losfahre, wir produzieren dort tatsächlich in vier Schichten, die sich teilweise überschneiden, dann also habe ich noch genug Zeit, auf der Streusandkiste sitzend, ca. auf dem halben Weg von der U-Bahn dorthin, ein Gedicht zu improvisieren,

Im Moment schreibe ich auf allem was Papier ist, es ist furchtbar.

Fundstücke aus den Entwürfen (Und jetzt ist es alles auch länger her bereist, einiges anderes wurde zwar auch gelöscht von mir).

Weil das Netz duldet keine Terra Incognita q.e.d. hier also das beliebte Spiel der Unzusammenhänge, Ergänzungen in Eckklammern [], Umschreibungen nicht markiert wozu auch.

[Winter 08/09] wie wir durch die dunkle winternacht liefen und über die vereisten strassen zu dir in die kleine wohnung, tiefgefroren die königsberger klopse (das leckerste Essen des Winters:) kälte und decke, am nächsten tag ins krankenhaus — ein gebäude das ich nur von aussen kannte, innen ist es wie: ein amt, den ganzen tag dort gewesen, beobachten, allergietest, negativ, mohammed ali) [Warum der Boxer dort enthalten ist bleibt ein Rätsel, wie auch das folgende, das Geheimnis der Menschen mit der fahlen Haut oder ohne Kopf sogar, die unbewegt in den Fenstern der Fußgängerzone:]
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immer immer als kind: die störung der wahrnehmung, die störung des systems, des sich jeden tag weiter aufbauenden konstruktes „welt“: wenn in den schaufenstern, dort wo sonst nur diese merkwürdigen gespensterhaften puppen standen (großes mysterium der menschenähnlichkeit, gebrochen durch diese vollkomen unnatürliche unbewegtheit) [Und tatsächlich waren sie mir unheimlich, ihre starren Blicke auch] und dann plötzlich bewegt sich dort etwas, das kind schaut fragend zu der mutter empor, die sagt „das sind die dekorateure, die machen das schaufenster neu“ noch größere fragezeichen.! und dann zum weihnachten die verschneite lego-welt, und da soll ich jetzt auf einmal den kapitalismus scheisse finden.
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[Und heute: werden in zunehmendem Maße Filme in den Ausstellungsfenstern gezeigt. Das aber kennen die Kinder. Für ein derartiges Kleidergespenst nach meinem Vorbild müssten sie (die Hersteller von Schaufensterpuppen) es hinbekommen,] einen schiefen Bauch, [denn man kann an Strickjacken sehen, dass der Reisverschluss nicht gerade vom Hals nach unten verläuft, sondern schief: Irgendwie: Also ist der Bauch so — um Kleidung und Habitus dreht sich erstaunlicherweise ziemlich viel in diesen Fundstücken, auch hier, und um das Unterwegs-Sein.]
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transit: die kirschbäume an der brücke in eschede. und dann: blühende rhododendren im tierpark hagenbeck und dann auch noch: der schnösel in der [Hamburger] u-bahn, der mich anstarrt, weil ich einen anker auf dem hemd gestickt trage, von-beust frisur zu golfer-schuhen, der die „yacht“ liest, demonstrativ.

[Zuletzt geändert am 10. Mai 2008 um 12:53]

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[Ein Foto hätte ich von ihm machen können, mit dem Telefon, wie es unter anderem bei Konzerten heute allgemein gemacht wird, ich erinnere mich auch noch an Zeiten, in denen Fotoapparate in Unterhosen hineingeschmuggelt werden mussten und es keine Digitalien waren], die mitgebrachten kybernetischen kerzen [ — ] flammen hier und dort auf, für einige momente, verlöschen dann wieder, und ich stehe auf der empore und (dies wird noch anderweitig zu verhandeln sein) und denke mir [Eigentlich haben wir schon gewonnen — aber ob ich damit recht behalte]

[Zuletzt geändert am 19. Februar 2008 um 17:16]