Vorgestern, Gestern und Heute

So vieles wäre noch aufzuschreiben dagegen, es bleibt außenvor, im Notizbuch oder in einer offline-Datei weil es geheim ist (möglicherweise): Nur dies:

[Vorgestern]: Am Abend, auf dem Weg zu einem Treffen im Hinterzimmer, den Erinnerungen zu dem Geruch dieses ersten Frühlingstages hinterhergejagt und nachgegangen, der, das ist die Wahrheit, auf so viele vergangene Momente zu passen schien, das einem schier schwindelig werden konnte. Wie sich alles zusammenballte und dennoch nicht zu greifen war. Da soll man doch mal losprusten vor Lachen und Frühling, der schon am Tage zu erleben gewesen: In der Eilenriede, eine kurze Pause während der Arbeit: Ein Elektromeißel, dann Klaviere und Vögel und alles vermischt und der Verkehr noch dazu, man kann es hören.

[audio:http://fabe.podspot.de/files/2010-03-18_elektromeissel_klaviere_voegel.mp3]

(Und auch am Abend: Das Licht! Die Dame im Barockenen Gewand an der Marktkirche, die Marktleute wie sie ihren Stand abbauen.)

[Gestern]: An gleicher Stelle im Wald gesessen. Zuvor bemerkt, wie geschäftig die vom Winter dünnen Krähenvögel auf der Suche nach Futter sind im toten Laub: Ein mageres Eichhörnchen läuft auch über den Weg. Es kommt jemand vorbei, während ich mit Dir telefoniere und von den hungrigen Tieren berichte, geht zunächst vorbei, als ich aufgelegt habe dreht er um und fragt mich, er würde ein Kunstprojekt machen, ob er mich fotografieren dürfte, und zwar mit diesem Stoffkaninchen, worauf er mir ein zottiges Plüschkaninchen zeigt. Ich willige ein, bin leider zu überrascht nach einer Adresse zu fragen, geschweige denn zurückzufotografieren, auch die Siezerei irritiert mich (ist nun aber wohl nicht mehr zu vermeiden). Ausgestellt werden die Bilder nicht, wenn aber jemand etwas weiß über dieses Kunstprojekt? Das Kaninchen hat wohl einmal aus versehen etwas schwarze Farbe abbekommen.

[Heute]: Mit Dings vom Dings im Teestübchen getroffen, und K. war auch dabei. Das man sich immer erst 10 Minuten wieder kennen lernen muss, wo doch die Zeit eh so knapp ist. Über Bücherschränke, Hosentaschen und Zukunftspläne gesprochen, K. zeigt noch schnell das Spiel mit den Vögeln und den Schweinen auf dem IPod und die Zeit ist schon vorrüber. Am gegenüberliegenden Tisch ein finnisches Rentner-Paar, so eine schöne Sprache obwohl der Winter ja vorbei ist nun!

Leucanthemum

Es steht auf meinem Balkon: ein Tontopf wilde Erdbeeren. Die haben zwar geblüht im Sommer, gefruchtet hat es nichts (wie bei den Kürbissen). Es kommt ein Dragoner in den Floristenladen und sagt „Ich hätt‘ so gerne Margeritten. Zuhause habe ich aber nur Blumentopferde“.

40 Jahre Mond

Am Wochenende die ungeöffneten Briefe nach Farben sortiert, danach verbrannt. Wir feiern dieser Tage: 40 Jahre Erstbesteigung des Mondes, denn seitdem können wir sicher sein das er tatsächlich dort hängt, oder zumindest: Ist es plausibler geworden. Die Wikinger waren aber bereits vor uns dort.

„Einem Schutzmann sagte er einmal, als jener ihn ermahnte wegen des Überquerens einer durch das Rotlicht einer Ampel zeitweilig gesperrten Autostraße: „Ich bin ein literarisch programmierter Mensch und kann nur denjenigen Zeichensystemen mit Respekt begegnen, die ich als sinnvoll erachte“; und ließ den Armen somit stehen wie einst der begossene Pudel unseren Goethes Faust.“

Und als ob wenn das nicht schon genug gewesen wäre, all diese schönen, bunten Träume immerzu: Die Menschen, denen ich dort begegne, als wüssten sie und ich um die Flüchtigkeit dieser wenigen Augenblicke, als würden wir uns seit Jahren bereits kennen, dass man sich vielleicht niemals wiedersieht zwar, in den versunkenen Stunden zuvor und danach. Auf dem Balkon stehen Kürbispflanzen in einem Kübel, die sehr schön gewachsen sind in den letzten Tagen, nachdem sie eigentlich zu spät in die Erde kamen, sowie (in einem anderen Kübel): Kapuzinerkresse.

Sperrmüll auf dem Friedhof

Neulich war ich auf dem Gartenfriedhof, auf welchem eine Künstlergruppe mit Namen „Sport“ eine Ausstellung organisiert hat. Im Pressetext heißt es vielversprechend „Der Umgang und die künstlerische Auseinandersetzung damit lassen eine spannende und abwechslungsreiche Kunstbegegnung zu.“ Das hätte passieren können, mein Eindruck war jedoch das hier Sperrmüll zwischen alte Grabmale gestellt wurde und soweit so gut. Das kann ästhetisch reizvoll sein und bietet Raum für Gedanken. Über den Vergang der Dinge und ihr weiterbestehen nach dem Tod ihrer Besitzer, ihre Geschichte und all solche Sachen. Man könnte sich die Chaiselongue („Liebessofa“, Martina Vollmer) in einem klischéehaften Pariser Bordell imaginieren, beispielswiese. Gut gefallen hat mir aber z.B. die Neubeschilderung der Friedhofsabfallbehälter („Wandlung“, Anja Steckling), die sinnbildlich das Entsorgen (oder auch das Bewahren?) von mit dem Sterben verbundenen Empfindungen ermöglichen, die übrigbleiben, die nun nicht mehr geklärt werden können: Einer trägt das Schild „Nur Schuldgefühl“, ein anderer „Nur Zorn, Groll“, jeweils gegenübergestellt ein Behältnis mit den „originalen“ Auszeichnungen (Nur Glas, Plastik, Blech – Nur Pflanzenabfälle).

Weitere Werke stammen von Helen Acosta Iglesias, Vera Burmester, Andrea Eifler, Vrank Hühnerbein, Maja Nuttelmann und Ilka Theurich. Aufschreiben sollte ich ausserdem, dass am Abend vor meinem Besuch ein kurzer Sturm über die Stadt ging, so das vermutlich einige der Exponate ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Vielleicht war also am Abend zuvor noch alles um einiges anders.

Alle Fotos die ich gemacht habe kann man sich hier ansehen. Die Ausstellung ist Teil der Veranstaltungsreihe Gartenregion Hannover, von der vermutlich später noch zu reden sein wird.