nach siebenstündigem tagewerk wieder in der uni gewesen, seminar „dokumentarische genres in film, presse und fernsehen“. thema: „der mann mit der kamera“ (Man With A Movie Camera (Человек с киноаппаратом)) von Dsiga Wertow. andere schreibweisen je nach landessprache. bis nach ½ 9, mit einer ¾ stunde überzug. weil das referat noch hintendran musste. jedenfalls.
jedenfalls. die dünner werdende luft, die dunkelheit, im 4. stock des conti-hochhauses, (googlemaps) das ihmezentrum (googlemaps) mit den erleuchteten fenstern in den wohnungen, dem enercity-turm, das sich in den fenstern reflektierende licht des films, gewissermaszen (in der spiegelung)(in der wahrnehmung) auf das angrenzende gebäude projeziert, in den sog, urbanen raum, die gegen ende lauter werdenden gähnenden meinungsäusserungen der kommilitonen, der film. wäre ich nicht derart müde gewesen.
ad hoc filmanalyse (gedächtnisprotokoll):worauf vorab hingewiesen wurde (= zu achten sei): nicht-intentional; rythmus, struktur; „traumsequenzen“ (überblendung kamera/auge); themen?; was mir auffiel: einstieg mit überblende (der kameramann auf der kamera), heute würde man dafür die bluebox verwenden (bzw: greenscreen).reihen. die stühle im kino, die sich „wie von geisterhand“ (stopmotion) hinabsenken, um dem publikum platz anzubieten. die ornamente der stuhllehnen, die klanglöcher im cello des begleitenden orchesters. dann wieder reihen, hier siedlungshäuser und säuglingsbetten, in reihe aufgestellt im hospital. [vorrausdeutung auf die im weiteren verlauf gezeigten geburt] diverse weitere einstellungen (paralellmontage). assoziation: die stadt als organismus. paralellmontage von zähneputzen und straßenreinigung. davor, ein wiederkehrende motiv: die füße, waden der schlafenden frau. wiederholung in der szene, in der der kameramann, auf den schienen liegend, den herrannahenden zug filmt, und in diversen einstellungen am strand. screenshots folgen.
das auge des betrachters. die subjektive kamera. das im vorspann konstatierte (manifestierte!) nicht-intentionale, unmotivierte: ein trugschluss. allein das fehlen des „theaters“ (das fehlen von regieanweisungen folgenden schauspielern) kann das, gerade bei diesem film, nicht ausmachen. das ist redlich: der regisseur bemüht sich, das kino zu entzaubern, indem er zeigt, wie die aufnahmen technisch bewerkstelligt werden. indem er den kameramann, den arbeiter der filmproduktion, vom anfang bis zum ende ins zentrum seiner aufnahmen stellt. er ist aber dennoch ein gefangener seiner medialen mittel, es kann ihm nicht gelingen, aus den technische gegebenheiten auszubrechen. er ist (und er vergleicht die kamera ja selber mit dem mikroskop, einem laborinstrument) notgedrungen teil seines eigenen experiments. immer wieder wird gezeigt: das kino selber (anfang und ende des films), der vorführraum mit dem projektor (überhaupt: mechanik, maschinen!), die cutterin wird gezeigt (= die spätere ehefrau des regisseurs), und dazu ihre arbeit: einzelbilder (stills) werden angeführt. überblenden: die schreibmaschine und ihre mechanik, der filmprojektor, ein gesicht – die linearität des schriftlichen wie auch des filmischen, dass stete, unaufhaltsame vorranschreiten der zeit (aus dem gedächtnis zitiert: nach Vilém Flusser ist unser verständnis von dem, was zeit ist, (also eine lineare abfolge von ereignissen) wesentlich durch die schriftliche kultur bedingt)
(für diese einzelbilder): musste die cutterin das jeweils gewünschte motiv (= motivation!) der abspielgeschwindigkeit entsprechend: ausschneiden und aneinanderkleben, so stell ich es mir vor, bild für bild, die explosion der 10tel sekunden. sie muss gewissermaßen un-filmisch arbeiten, dass innehalten der bewegung künstlich erzeugen, das anhalten der filmrolle während der vorführung simulieren, ein tatsächliches anhalten der mechanik hätte die zerstörung der kopie zurfolge gehabt.
vieles, was heute quasi filmisches klischeé geworden ist, findet sich hier: wolken am himmel, im zeitraffer wiedergegeben. der großstädtische verkehr mit fußgängern und insbesondere öffentlichen verkehrsmitteln, in dokumentarischen filmen über städte unausweichlicher bestandteil. werbung als anmerkung zur mode, kenntlichmachung des zeitgeistes. gleichzeitigkeit der ereignisse (verkehr):, die bild-im-bild-montage, die auch in heutigen kinofilmen noch gerne angewandt wird.
der kameramann wird oft bei seiner abeit gezeigt. wie er, die kamera geschultert, sich auf den plätzen bewegt. wie er gefährliche orte aufsucht, um seine bilder zu machen, eine brücke besteigt oder sich auf die schienen legt, einen herannahenden zug zu filmen. bei all diesen bildern kommt das motiv nicht von ihm, sondern von einem zweiten kameramann. könnte also behauptet werden: der „Mann mit der Kamera“ ist tatsächlich (hier) zugleich ein schauspieler und der film ist auch ein film darüber, wie ein film gedreht wird. es ist ein toller film, ein sehr schönes zeitdokument, welches einen einblick in das alltagsleben des (nach)revolutionären russland gewährt. das im vorspann angekündigte nicht-intentionale (oder gar das zufällige aufnehmen von alltäglichem) kann ich jedoch nicht entdecken.
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