1.) Während ich über den 'Interfictions' sitze, br…

1.) Während ich über den ‚Interfictions‚ sitze, brüte und Darjeeling trinke höre ich „Solveigs Lied“ auf SR klassiskt. Den ganzen Tag schon höre ich klassische Musik auf dem schwedischen Sender und es hört sich doch anders an. Auch nur die Musik selber klingt ganz anders. Das muss wahrscheinlich etwas mit dem Gestern angedachten Spannungsverhältniss von ORT und IDENTITÄT zu tun haben. Sehnsucht. Flucht nach Innen. Ich weiß es nicht. Skandinavien.

Heute merkwürdige Transaktionen vorgenommen. Bei der Kasse gewesen und 200 Euro vom Sparbuch abgehoben, nur um diese ein paar Meter bei meiner Bank wieder einzuzahlen (und sie dann später für Überweisungen zu verwenden – online). Der Jungverkäufer im Foyer der Sparkasse dem die Eloquenz aus jeder Pore drückt mit seinen gegelten Haaren. Der zweimal kurz den Absatz seines rechten Fußes anhebt um mich anzusprechen, die Brust bewegt sich dabei jeweils ein winziges Stück in meine Richtung der ich mit dem ausgefüllten Schein und dem Sparbuch (das war wohl der Dorn in seinem Auge, dieses altmodische Ding für das es immer noch jemanden braucht der hinter einem Schalter sitzt) in der Schlange stehe. Den ein unsichtbares Band das ihm um die Brust gelegt ist zweimal davon abhält mich (der ich ihn geflissentlich ignoriere) anzusprechen.

Die alte Omi in der zweiten Bank, den Roulator neben sich abgestellt, weiße Haare. Sie reicht kaum über den Tresen und ich sehe ihre innere Wut über die Arroganz die ihr hier entgegenschlägt vom grauen Banker hinter dem Tresen verschanzt: Der sie nicht versteht: Und sich nicht für einen Pfennig die Mühe macht ihr zu helfen. Ich sehe die Wut und wie die gute Kinderstube sie davon abhält sich das zuzugestehen. Seine Kollegin an der Kasse die meine (soeben 20 meter entfernt abgehobenen) 200 Euro entgegennimmt und leise, fast unhörbar aber hörbar zweifelnd meinen Namen flüstert während Sie ganz kurz nur auf den Bildschirm sieht mit einem Blick über die oberen Ränder der Brillengläser.

Im Supermarkt gibt es einen „Likör DRACULA“. Ich überlege kurz mich an die Kasse anzustellen die geöfnet werden soll, bleibe dann aber doch dort wo ich gerade bin denn es sitzt noch keiner an der Kasse. Eine dickliche Dame zieht mit den Worten „Haben wir uns denn endlich entschieden, dass is ja schön“ mit ihrem Einkaufswagen an mir vorbei. Grinsend sehe ich in den folgenden zwei, drei Minuten das die Kasse nicht aufgemacht wird und bin schon längst aus dem Laden als dort langsam Revolte aufkommt. Aber es wird doch Zeit das ich mal eine neue Hose bekomme.

2.) Auf dem Weg Nachhause dann am Bonifatiusplatz wieder Pausenhofgeräusche von allen umliegenden Schulen. Auf dem Sportplatz der Ricarda-Huch wird Fußball gespielt. Der Februar beginnt mit guter, kalter Luft und trübem Himmel.

1.) Gestern Nacht eine Geschichte geschrieben über…

1.) Gestern Nacht eine Geschichte geschrieben über 3 Seiten und rund herum 10.000 Worte lang. In eins runter. Dabei eigentlich mit nichts angefangen außer einem bescheuerten Wortspiel. Diese Geschichte ist so ganz anders als das was ich sonst so in letzter Zeit schrieb (und ich glaube das Ideal für mich wäre wohlmöglich eine Mischung aus beidem). Hier werden nicht äußere Zustände beschrieben die auf ein hochsensibles (fragiles) Inneres schließen lassen sondern ich lasse die beiden Kerle tatsächlich selber erzählen, und der sogenannte Held erzählt sogar von sich selbst. Dabei ein so alltägliches Setting wie selten – deutsche Autobahnraststätte im verregneten Sommer. One more Cup of Coffee. Wir werden sehen.

Heute auf dem Rückweg von der Fabrik noch beim Elektrohandel gewesen und einen kleinen Adapter gekauft (der natürlich wieder alles falsch macht) (angewandte Adaptatorik). Danach zu Fuß zur Hauptpost, ein Paket abholen. Vilém Flusser: Medienkultur und dann noch irgendwas mit Dimensionen und Schamanen was die Mutter mitbestellt hatte. Am Hauptbahnhof habe ich dann einen anderen Bus genommen als sonst, der eine ganz andere Route nachhause fuhr durch Straßen die mir fremd vorkamen. Es war schon dunkel draussen, und so konstruierte ich den Weg (den Ort) aus den Schemen und Neonlichtern zusammen, die durch das Dickicht der fremden Augen zu mir durchdrangen. Ich fühlte mich anderswo, sogar: Als jemand anderes. In meiner zumindest etwas skurilen braunen Cordtracht (denn die Hose ist etwas zu kurz) mit dem Buchpaket und der Dokumentenmappe unter dem Arm saß ich in diesem Bus. Dies Gefühl hielt auch noch den ganzen Nachhauseweg (Fußweg) über an denn ich kam von der falschen Seite an und so sah tatsächlich alles anders aus. Mir kam der Gedanke Wer von Identität redet der muß auch vom Ort reden (ich denke oft in imaginären Zitaten, leider).

Aber wie fühlte ich mich? Ich hatte den Text den ich in der Nacht zuvor geschrieben hatte an zwei Literaturwettbewerbe verschickt. Ich hatte ein Buchpaket unter dem Arm, war in braunem Cord (Hose zu kurz) gekleidet und auf der Heimfahrt unterhielten sich direkt neben mir eine Junge Mutter mit ihrer Gymnasiumstochter über irgendwas. Regenwald und Shopping. Gymnasiastinnenthemen halt. Die Freundin hatte einen „NIRVANA“-Aufnäher auf dem Rucksack und ich fragte mich (insgeheim) ob sie den wohl bei H&M gekauft hätte.

Aber ich fühlte mich anderswo. Hier war ich zu meiner eigenen Fiktion geworden. Frei.

2.) seifiges, öliges gelbes regenlicht hier heute nacht (11. januar abends)