25.9. Valencia (III)

(Part I II III IV V)

Es ist Sonntag – gestern Abend Barrio el Carme (del Carmen, so sagt man) – ein unglaublicher Auftrieb an Menschen die sich durch die engen Straßen schieben. Alle Sorten. Vor einer Bar sitzen wir die Schwarz und Weiß angemalt ist innen und schauen dem Gedrängel zu. Der schwule Kellner ist mürrisch. Ein Jeep auf Rollschuhen wird vorbeigezogen. Je später es ist desto voller werden die Straßen. Ein Junkie erzählt uns die immer überall gleiche Geschichte vom Euro und dem Autobus. In der „Bar Pilar“ essen wir Miesmuscheln in Pfeffersuppe, die wir mit den Muschelschalen löffeln. Denke an das Lied von den Einstürzenden Neubauten. Der hagere Kellner hinter der Theke brüllt die Bestellungen in die Küche hinein wie vor einem einfahrenden Zug gewarnt wird. Im Fernseher der stumme José Ortega. Die Muschelschalen schmeißt man in Plastikkisten unter der Theke. Verwirrung auf der Suche nach einem Taxi, wir geraten aus der Innenstadt heraus und sind sofort wieder vpm provisorischen umgeben. Nach einer halben Stunde drehen wir um und erwischen sofort einen Wagen vor einem der Stadttore, fahren über den Hafen zurück nach „Les Arenes“

Das Taxi gleitet durch den nächtlichen Verkehr, der sich in Wellen bewegt und stets im Fluß bleibt, so hat man den Eindruck. Die Kreise schließen sich, die Stadt gelangt ja doch direkt bis an den Hafen mit einer großen, hell erleuchteten Straße: Avenida del Puerto.

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Die verwöhnten, strebsamen, fleißigen und auf ewig deutschen Erasmusstudenten, die den Strand eklig finden. Er, der seinen Anorak am liebsten auch hier tragen würde, versucht, den beiden käsegesichtigen Mädchen zu imponieren, „Man muß die Strömung beachten“. Im Hafen werden ja bekanntlich ganze Containerladungen von Campingtoiletten ins Meer gekippt.

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Wie sich einem eine Stadt erschließt, man sie sich zu eigen macht. Wie man am ersten Tag mit zögerlichen Schritten aus der Metro steigt, nach rechts und links schauend jeden Meter und den Plan betrachtet über der Schiebetür damit man nicht die richtige Station verpasst. Wie man am zweiten Tag wie selbstverständlich den richtigen Weg einschlägt und die Nummern der Linien kennt und die Farben. Wie man am dritten Tag die Geschichte der Frau schon kennt von ihren drei Kindern die sie vorträgt in weinerlichem Tonfall, Tag für Tag.

Tag am Strand.

Die Promenade abgelaufen vorbei an den Restaurantpavillons und am Hospital Malva Rossa [dieses hat – wie viele Dinge hier – zwei Schreibweisen, „Malva Rosa“ und „Malva Rossa“] bis hin zu den vier großen bunten hässlichen Säulen die besprüht sind, Mündung eines kleinen Rinnsals. Am frühen Abend wurde es stürmisch. Wellen. Das Meer spuckt Müll zurück an den Strand. Zur Mole am Hafen, hier an der Ecke „Hotel Neptuno“ direkt daneben „La Pepica“ wo dereinst schon Hemmingway.

[Saisonende]Zum letzten mal spielt sie Heute ihr Programm, Standards in Swing und Jazz und ein paar spanische Schlager im „La Perla“, wo wir dann doch einen Tisch für zwei bekommen haben bei dem keiner in den Zimmerpflanzen sitzen muss. Die Paella ist teuer und gut, und mein Herz und ich trinken Sangria dazu, und Mineralwasser „Sin Gas“ heute mal, auch auf der Karte: „Vichy Catalan“.„As Time goes by“, ein letztes Mal in diesem Sommer, die Klavierspielerin eine Senora mit blondierten, kurzem, dauergewellten Haaren – draußen vom Meer ist Sturm gekommen und Regen mit Blitz und Donner, noch schkießt der Kellner nicht die Tür zur Terrasse. Gegen elf kommt der Koch aus der Küche, in karierter Hose und weißem Oberteil, setzt sich neben das Klavier, blättert in einem Notenheft und beginnt zu singen, Corazon und Té Quièro, aber er singt das genauso das man es glauben möchte, und er singt mit dem Bauch und dem Herzen eines Kochs. Zum Ende der Lieder dann immer Blitze über dem Mittelmeer, und der Regen rauscht am Strand. Saisonende.

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