An einem Donnerstagabend gegen halb sechs

An Vier Grenzen hat vor einer Weile ein sog. Wucherpfennig Deli aufgemacht, ein kleiner Supermarkt mit gekühlten einzelnen Flaschen Bier und einem Bäckerladen mit ein paar Tischen unter Sonnenschirmen vor der Tür. Es war vielleicht nicht so geplant, dass sich Monteure in blauen Arbeitshosen und neongelben Jacken ein Bier kaufen und sich dann, zum Schutz vor dem Herbstregen, der in die Abenddämmerung fällt, unter diese Schirme setzen und sich zuprosten, an einem Donnerstagabend gegen halb sechs.

Wenn Nachmittagsunterricht war, sind wir oft zum Wucherpfennig gegangen, um uns eine 5er-Packung Schokoriegel zum Mittagessen zu kaufen, anstatt in der Schulküche zu essen. Das allerdings war kein Deli sondern ein kleiner EDEKA Laden in der Südstadt. Wir saßen dann gegenüber auf einer Vorgartenmauer, was den Hausbewohnern nicht so gut gefiel, erstens, weil wir jung waren und sie alt und zweitens, weil die eine oder andere Schokoriegel-Umverpackung auf ihrem gemähten Rasen landete.

Der Geruch vergehender Zeit

An einem aus der Kindheit wohlbekannten Ort gewesen und Fotos gemacht, hauptsächlich weil ich früh dran war vor dem Friseurtermin. Die Luft roch jetzt nach geröstetem Zucker, wie jedes Jahr im Herbst an einem Tag zum ersten Mal.

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Die Rüben kochen, jedenfalls, es wird früher dunkel.

Der 2. Fiebertag

nun schon in diesem Herbst, diesen 2. November, 20 Grad heute, den Weg zur Arbeit in Hemd und T-Shirt, auf dem Fahrrad, und zwar zwischen 7 Uhr und 8 Uhr am Morgen — als würde ich noch unter einer zu warmen Decke schlafen, der Wind kommt aus irgendeiner weit entfernten Wüste wohl, die Luft fällt schwer zu atmen. Am Mittag der Wirtschaftsweg in das Wäldchen hinter der Lagerhalle, Traktorspuren, ein Portal nach wohin genau, jedenfalls Weg von hier, das vorletzte Laub an den Bäumen im grellen, warmen Licht. Abends steht stürmischer Wind schräg in der Luft, dennoch am See das Tuch vom Hals genommen und das Hemd ausgezogen, fieberndes Wetter, Blätter fliegen entgegen, ein Vogel, eine Fledermaus und auf einer Parkbank flüstern Jemande leise in die Schatten hinein. Regen am Kanal, leichtes Sprühen nur, der warme Wind bleibt und die Schiffe sind im Dunkeln, ich kann ihre Namen jetzt nicht lesen.

Gestern am Morgen Gänse in der Luft. DIe Gedanken sind bei ihnen am Himmel, sie fliegen dann einen Moment mit, ganz froh über den langen Flug, vielleicht aber überwintern sie auch im Norden, wie wir.

Wenn die Rüben kochen

Jetzt ist es kälter und die dunkle Zeit ist da, also doch wieder gekommen. Zwei und noch viel mehr südlichere Tage waren da, ein fortgesetzter, schmerzlich hinausgezögerter Abschied vom großen Sommer, der das Land ausgetrocknet hat, der mich durch einige Tage eigentlich nur noch taumeln ließ, mit dem Hut aus Pappe auf dem Kopf und den Atem fast ganz angehalten. Wir waren Ende September/Anfang Oktober noch im Süden für einige Tage, in einer Stadt, die den Herbstvogel Krähe im Wappen führt, auch hier bereits kam die ungewöhnliche Hitze der Tage mit einem an jedem Abend wieder überraschend frühen Sonnenuntergang zusammen und dann, wieder hier, noch ein Tag, an dem wir den Sommer noch nicht gänzlich verabschieden konnten und noch eine Woche und noch, und noch, und noch. Als wenn es das letzte Mal Sommer sein könnte und als wenn er sich weigert, zu gehen, aber die Traurigkeit kommt doch und all das. Ich stell es mir vor, wie es wäre, zu wissen, dass es der letzte Sommer ist und ich meine, ich habe dieses Wissen auch schon in den Augen eines alten Menschen gesehen, auf der Bank sitzend, in der Oktobersonne, schon mit einer Strickjacke am frühen Nachmittag. Das wie diese Tage riechen, wie das Riechen immer stärker wird im Herbst, mit jedem Tag, an dem es am Abend etwas kühler wird und wenn die Rüben kochen und die Pilze wachsen im nahen Stadtwald und auf dem fallenden Laub der Tau vergeht. Wie dann alles zu einer Erinnerung zusammenfällt.

Einmal hatte ich die Idee, dass all diese Gerüche, die an etwas Erinnern, das wir entweder erlebt haben oder gerne erlebt hätten, auch an die Sehnsüchte der elektrischen Sommer der früheren Jahre, dass all das mit jedem Jahr mehr wird und dann, irgendwann, das arme Herz all das nicht mehr ertragen kann und aufhört, sich zu Erinnern, dass gleich der nächste Schlag kommen müsste. Aber das war nur eine Idee, die ich nicht sehr erfolgreich verbannen konnte und die jetzt immer wieder erscheint, sich an manchen Abenden auf die Nasenspitze hockt und davon nicht mehr abzubringen ist, wie man auch mit dem Kopf schütteln mag.

Jetzt sind die Gänse in der Luft, ich höre sie immer zuerst und dann sehe ich sie an jedem Tag im Himmel. Vor einer Woche waren wir an der Elbe in Hitzacker. Auch der große Fluss ist vom Sommer ganz leergetrunken, der ganze Himmel war gefüllt mit Gänserufen, große Verbünde kamen und flogen wieder, auf dem niedrigen Elbwasser, schwimmen sie zu Vielen. Ein sehr schöner Tag war das.

Kein Haus ist gebaut, genug Steine liegen aber auf dem Weg, genau genommen. Sie als erster zu werfen, oder anderweitig zu verwenden. Oft erinnere ich auch Augenblicke, wenn die Luft an einem Morgen etwa nach gerösteten Erdnüssen duftet, die es nie gab, was sie aber nicht weniger wahr sein lässt, vielleicht sogar im Gegenteil. Stifte stehen im Köcher bereit, dass alles aufzuschreiben, in den dunklen Nächten und auf der Mittelwelle senden auch noch ein paar Stationen, immerhin.

14.10.2013

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da war der termin an diesem tag aber ich bin dann mit dem rad zur arbeit gefahren zuerst die allee entlang dann heute einmal, von der anderen richtung kommend, hinterm rathaus entlang: befremdlich: auf dem einen spielplatz das spielgerüst, offensichtlich aus kunststoff, das die farbe und ein wenig auch die formgebung der ganz in der nähe gestellten rostigen, gewaltigen metallskulpturen aufnimmt, damit die kinder beim spielen die kunst nicht stören sollen. dann am maschsee. die schönen blätter:

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