Die 0 und die 1 – Basis Zwei

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Sind die zwei Zeichen der Basis Zwei, des binären Zahlensystems. Natürlich könnte man auch α und ω verwenden, Äpfel oder Birnen und Ja und Nein – eben weil die beiden Zeichen nur die Basis bilden, auf der alle weiteren Zeichen im Digitalen aufbauen. „Basis Zwei“ lautet der Titel einer Veranstaltungsreihe, die seit dem Anfang Oktober in Hannover gestartet ist und noch bis zum 24.11. andauern wird. Die drei Gebiete Digitaltechnik – Kunst – Denken stehen im Zentrum der transdisziplinären Veranstaltungsreihe. In Workshops, Ausstellungen, Gesprächen, Vorträgen, Filmvorführungen und Konzerten soll also versucht werden, sich dem Verhältnis dieser Dinge zu nähern. Dies geschieht in der direkten Kommunikation, in der Beschäftigung mit dem digitalen Material (z.B. in einem Instrumentebaukurs und einem Programmierworkshop). Was nicht vorgesehen ist, ist – wenn ich es bei meiner schlampigen Recherche nicht übersehen habe – ein Geschehen im Stream, also im virtuellen Raum. Aber das muss ja auch nicht unbedingt. Das komplette Programm ist hier zu finden. Besonders spannend finde ich „Die Verflüssigung der Archive“, „Doing Live Coding“ und „Bugs Beats Music“

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Link + Info:

Basis Zwei
Digitaltechnik – Kunst – Denken
Eine transdisziplinäre Veranstaltungsreihe

Hannover, 1.10. – 24.11.2016
Verschiedene Orte

basiszwei.tumblr.com

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In etwa Gravitationswellen

Ich stelle mir das so vor: Wenn irgendwo ein schweres Ding war und es dann wegbewegt wurde, warum auch immer, es hatte etwas Besseres zu tun, dann ist die Schwere noch nicht gleich ganz weg. Die Schwere hallt nach. Je schwerer, desto mehr Nachklang. Minus zwei Grad in der Lüneburger Heide. Ich wäre ja schon froh, wenn ich das mit den Radiowellen bzw. Elektromagnetismus mal vollständig verstehen würde und dann kommt Ihr mir mit sowas! In der Küche klingelt die Eieruhr. Die ist eine Hühnerfigur aus Plastik und funktioniert mechanisch. Kinetische Energie sagt man dazu glaub ich. Das ist etwas, was ich verstehe. In etwa.

Tapetenkleister riecht ja eigentlich nicht.

Der Tapetenkleister ändert seine Konsistenz jetzt jeden Tag. Nachdem er zunächst doch recht klumpig war, war er gestern dann von angenehmer Viskosität, ohne jedoch zu flüssig zu sein. Heute tatsächlich leicht fluffig. Der letzte angerührte Kleister stand dann länger auf dem Tisch, so dass er leicht zischte, als ich das Glas zum letzten Mal öffnete, auch nicht mehr gut roch. Tapetenkleister riecht ja eigentlich nicht.

Das Muskelentspannungsbad hingegen, ich meine es wäre von Kneipp, riecht wie Weingummi-Colaflaschen. Die haben ja mit der tatsächlichen Cola nicht viel gemeinsam, sie schmecken säuerlicher, nach Orange und riechen fast so wie, wie gesagt, dieser Badezusatz, der auch wohl diesen Chili-Extrakt enthält, der in der Wärmecreme gegen Verspannungen ebenfalls drin ist. Vielleicht auch Nelke. In dem Bad, das Weingummi, ich müsste es einmal direkt vergleichen.

Versuchsaufbau

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Wenn ich auf der Mittelwelle war, hatte ich die Mitschnitte immer mit dem laufenden PC gemacht, was so lange gut ging, bis ich mir einen neuen PC zulegte, der den Mittelwellenempfang tatsächlich erheblich stört. Jetzt höre ich dann Mittelwellenradio, wenn der PC aus ist — was mir eigentlich noch besser gefällt. Es gibt genug andere Dinge. Um aber dennoch einen digitalen Aircheck anfertigen zu können, habe ich mir diesen Versuchsaufbau überlegt:

Es gibt das kleine Kofferradio*, Das ist genau richtig dafür. Aus dem Kopfhörerausgang geht, mit einem Mono-zu-Stereo-Adapter versehen, das Signal zum Line-In des Zoom Digitalrecorders. Wenn der Adapter vor dem Line-In hängt, funktioniert es nicht, dann wird das Signal nur auf einem Kanal aufgezeichnet. Die Lautstärke des Radios steht auf 2. Am Digitalrecorder kann das Eingangssignal gepegelt werden, momentan passt es. Damit ich auch noch Radio hören kann, habe ich an den Ausgang vom Recorder den kleinen Batteriebetriebenen Reiselautsprecher gehängt.

Damit habe ich den vorletzten Seewetterbericht, den der Deutschlandfunk über Mittelwelle 1269 KHz ausstrahlte, aufgezeichnet. Der Sender wurde am 31.12.2015 abgestellt — dazu wird später noch mehr zu sagen sein. Dieser Versuchsaufbau funktioniert ganz wunderbar und ich kann damit eigentlich alles aufnehmen, was das Radio empfängt.

*(es war das letzte Geschenk für Deine Oma)

*** Aufzug und Treppenhaus in der Literatur.

„Als ich an der Haltestelle Russel Sqare zwischen Aufzug und Treppe die Treppe wählte. Am Ende einer langen Wendeltreppe empfahl eine Lautsprecherdurchsage, den Aufzug zu nehmen, da das Treppenhaus einem 15-stöckigen Gebäude entsprach.“

(the butler, London VI)

„Ich wollte eigentlich zum Treppenaufgang und nachhause gehen, stattdessen blieb ich stehen und wartete auf sie. Ich sagte, da sei ich wieder, ich könnte ihr wieder mit dem Koffer helfen. Sie lachte, bedankte sich und sagte, aber hier gibt es ja den Aufzug. Ich sagte: das stimmt. Dann vertschüßten wir uns wieder. Im Abschied warf sie mir die Frage hinterher: bist du Musiker? Ich dachte kurz nach uns sagte: nein. Wir blieben einen Moment lang stillstehen und als der Moment vorbei war, ging sie zum Aufzug und ich zur Treppe.“

(mequito, ohne Titel)

„Dann liefen sie fast, Karl mit ihrer Tasche in der Hand, zur nächsten Station der Untergrundbahn, die Fahrt verging im Nu, als werde der Zug ohne jeden Widerstand nur hingerissen, schon waren sie ihm entstiegen, klapperten, statt auf den Aufzug zu warten, der ihnen zu langsam war, die Stufen hinauf, die großen Plätze, von denen sternförmig die Straßen auseinanderflogen, erschienen und brachten ein Getümmel in den von allen Seiten geradlinig strömenden Verkehr, aber Karl und Therese eilten eng beisammen in die verschiedenen Büros, Waschanstalten, Lagerhäuser und Geschäfte, in denen telephonisch nicht leicht zu besorgende, im übrigen nicht besonders verantwortliche Bestellungen oder Beschwerden auszurichten waren.“

(Franz Kafka, „Der Verschollene“, Seite 73)

Von Bürokratie und Selbstbehauptung

Die Eröffnung mit dem Blick auf Kaurismäkis Film-London, Iron-Lady-London 1990

Die Baustellen-Kräne der damals im entstehenden Docklands […] ein langsamer, langer Schwenk über das nebelige London und die Themse am Morgen. Das alles eine Vorhersage der Dinge, die da kommen würden.

Eine kleine Skizze zur Beziehung zweier Filme. Aki Kaurismäkis „I Hired a Contract Killer“ ist jedenfalls in Teilen ein Gegenentwurf zu Welles‘ Kafka-Verfilmung „Der Prozeß“, dieser labyrinthenen Welt der Dachböden und Besenkammern, in denen der mit seinem Schicksal kämpfende Protagonist Joseph K. in der schönen Schwarz-Weiß-Verfilmung von 1962 sich in enger werdenden Kreisen bewegt. Dieser fiktiven Existenz wird aus ihr unerklärlichen Gründen der Prozeß gemacht, durch welchen K. schließlich verurteilt wird. Der Held in Kaurismäkis Geschichte, Henri Boulanger, verurteilt sich zunächst selber, in dem er nach gescheiterten Selbsttötungsversuchen einen Killer auf sich ansetzt. Im weiteren Verlauf ist er in ähnlicher Weise auf der Flucht – vor sich selbst und seinem Vorurteil, welches er nach seiner plötzlichen Entlassung gefällt hatte – „Scheu, schmal, fast stumm und sehr anrührend, eine komische Kafka-Figur, ein Enkel Buster Keatons.“ („Der Spiegel“ vom 18.03.1991)

The film depicts the city (its eastern side, especially) on the threshold of change, lurching from post-industrial slumber towards the embrace of the global economy. […] The cranes […] clearly demonstrate that this is an urban environment which is in a state of flux or mutability; it is an unstable rather than a fixed environment. (A Place to Go? Exploring liminal space in Aki Kaurismäki’s I Hired a Contract Killer)

[Ich erinnere mich vage an meine erste Besichtigung der London Docklands, deren Baustelle die in den Himmel ragenden Kräne markieren – 1993 auf einer Fahrt mit dem Abiturkurs. Wir sind mit einem fahrerlosen, autopilotgesteuerten Zug dort hin gefahren. Auf dem Weg aber hat uns am meisten die an der Strecke gelegene Battersea Power Station beeindruckt, weil wir alle die Animals von Pink Floyd toll fanden. Die Verbindung dieser beiden Dinge war natürlich großartiger als Maggies Bankhochhäuser auf den ehemaligen Docks es je sein könnten. So war das.]

Verschlossene, vernagelte Türen in Londons East End 1990, in Kaurismäkis London

Joseph K. steht draußen vor der Tür des Gerichtssaals

In beiden Filmen werden insbesondere Türen zur Symbolisierung von Übergängen und Abschlüssen gezeigt, in Kaurismäkis Film besonders zu Anfang sehr deutlich, im Vorspann bereits mit den verschlossenen Türen und vernagelten Fenster der City of London am Übergang zu den 90er Jahren, die zugleich die Abwesenheit von Leben anzeigen, im „Prozeß“ manchmal übergroß markiert, manchmal als Loch in der Wand auf K.s Weg durch den Steinirrgarten der Gerichtsbarkeit. Das Werk Kaurismäkis beginnt nach der Bestandsaufnahme der Leerstände am Beginn, in dem eine Tür von einem Büroboten mit einem Rollwagen aufgestoßen wird – so kommt der Film in Bewegung, so setzt die Handlung ein, durch das achtlose, beiläufige Aufstoßen dieser Tür im Verwaltungsgebäude des Wasserwerks.

Im „Prozeß“ werden 5 unterschiedliche Türen insgesamt 15 mal geöffnet oder geschlossen, ein Teppich wird angehoben, zwei Schubladen geöffnet, ein Vorhang einmal auf- und dann wieder zugezogen und ein Rollo versucht herunterzulassen. Der Film beginnt mit dem Blinzeln des erwachenden K., eine Bewegung, die einige Einstellungen danach in der sich zögerlich und langsam öffnenden Zimmertür ihre Entsprechung findet und in der Variation wiederholt wird.

Anfangsszene "Der Prozeß" -- die Tür des Joseph K. wird langsam geöffnet

Anfangsszene "Der Prozeß" — die Tür des Joseph K. wird langsam geöffnet – eine blinzelnde Tür des erwachenden, feindseeligen Raumes analog zum blinzelnden Auge des Protagonisten einige Einstellungen zuvor…

Joseph K. öffnet die Tür zum Zimmer des Frl. Bürstner, beobachtet von den Beamten.

In der Verfilmung von Welles erschließt sich das Motiv der Tür in der einmontierten Türhüterlegende, die sowohl im Roman als auch im Film als intradiegetische Metareferenz markiert ist, was in der Verfilmung noch durch den Verweis auf das Medium Film unterstrichen wird, indem nämlich der Vortragende einen Diaprojektor zur Illustration seiner Ausführungen nutzt, auf welchem Zeichnungen zu diesem kurzen Text gezeigt werden – hier kann von einem eliptischen Verweis gesprochen werden, in welchem der Film über das Bild auf sich selbst und zurück auf die die Erzählung deutet.

Der Türhüter erkennt, daß der Mann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an: »Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn.«

Franz Kafka: Der Prozeß

Henri Boulanger, soeben entlassen, verlässt seine Arbeitsstelle

Henri Boulanger. Eine Tordurchfahrt.

Aber nicht nur mit dem Türenmotiv als Grenzmarkierung und Raumende zitiert der „Contract Killer“ den „Prozeß“ – welch Unterschied liegt aber zwischen dem unüberwindbaren Großraumbüro der Kreditanstalt und der heruntergekommenen Schreibstube des zu privatisierenden Wasserwerks. Im „Prozeß“ entzieht sich der Protagonist nur durch die Verweigerung der Selbsttötung der übermächtigen Maschinerie der Bürokratie, bei Kaurismäki hingegen wird die Demontage des Systems betrieben und an Stelle der Türhüterlegende steht Joe Strummers Outlaw-Ballade „Burning Lights“

Some dreams are made for children
But most grow old with us
And when the air can hope to hold on
And to the ground from dust to rust.

Joe Strummer

Das Büro in der ersten Szene von Kaurismäkis "I hired a Contract Killer"

Joseph K. beim Direktor-Stellvertreter in "Der Prozeß" von Orson Welles nach Franz Kafkas Roman.

Kaurismäkis Story ist also ganz eigen und reflektiert an einigen Stellen, besonders am Anfang zitierend die filmische Welt von Orson Welles. Wie sich herausstellen wird ist tatsächlich das Scheitern und der folgende affektive Akt der Selbstbehauptung durch das Anheuern des eigenen Killers bereits zu Beginn des Films ein Befreiuungsschlag, der die Helden dieser wunderbaren dystopischen Utopie zu einer glücklicheren Existenz verhilft.

Kaurismäki lässt die Kamera stehen und wir schauen erstaunt auf die Schönheit der ruhigen Bilder. Entsprechend agieren auch die Schauspielerinnen und Schauspieler; Alles ist Blick und kleine Geste. Farben die abgetupft scheinen von Hitchcocks Filmen, die ruhige Kamera verstärkt den Eindruch des fotographischen, bildhaften.

Joseph K. hingegen bleibt bis zur Schlußszene, in welcher auch er sich endlich von dem ihm bedrohenden System emanzipiert indem er den Suizid verweigert, Angestellter der Institution, ganz verstohlener, schüchterner Blick und unbegreifende Hände, die es dennoch immer wieder versuchen, er bleibt dem Direktor-Stellvertreter subordiniert. Das ist die große Tragik dieses Entwurfs, die Unausweichlichkeit. Das ist die große Hoffnung des Henri B.: Das Trotzdem und gerade deswegen.

– – –

Kaurismäki, Aki: „I Hired a Contract Killer“, Finnkino / Pandora Filmproduktion / Pyramide Films / Svenska Filminstitutet (SFI) / Villealfa Filmproduction Oy, 1990. (IMDb-Seite)

Welles, Orson: „The Trial“, Paris-Europa Productions / Hisa-Film GmbH / FI-C-IT, 1962, DVD-Neuauflage Studio Canal Plus 2008. (IMDb-Seite)

[und heute]

nach siebenstündigem tagewerk wieder in der uni gewesen, seminar „dokumentarische genres in film, presse und fernsehen“. thema: „der mann mit der kamera“ (Man With A Movie Camera (Человек с киноаппаратом)) von Dsiga Wertow. andere schreibweisen je nach landessprache. bis nach ½ 9, mit einer ¾ stunde überzug. weil das referat noch hintendran musste. jedenfalls.

jedenfalls. die dünner werdende luft, die dunkelheit, im 4. stock des conti-hochhauses, (googlemaps) das ihmezentrum (googlemaps) mit den erleuchteten fenstern in den wohnungen, dem enercity-turm, das sich in den fenstern reflektierende licht des films, gewissermaszen (in der spiegelung)(in der wahrnehmung) auf das angrenzende gebäude projeziert, in den sog, urbanen raum, die gegen ende lauter werdenden gähnenden meinungsäusserungen der kommilitonen, der film. wäre ich nicht derart müde gewesen.

ad hoc filmanalyse (gedächtnisprotokoll):worauf vorab hingewiesen wurde (= zu achten sei): nicht-intentional; rythmus, struktur; „traumsequenzen“ (überblendung kamera/auge); themen?; was mir auffiel: einstieg mit überblende (der kameramann auf der kamera), heute würde man dafür die bluebox verwenden (bzw: greenscreen).reihen. die stühle im kino, die sich „wie von geisterhand“ (stopmotion) hinabsenken, um dem publikum platz anzubieten. die ornamente der stuhllehnen, die klanglöcher im cello des begleitenden orchesters. dann wieder reihen, hier siedlungshäuser und säuglingsbetten, in reihe aufgestellt im hospital. [vorrausdeutung auf die im weiteren verlauf gezeigten geburt] diverse weitere einstellungen (paralellmontage). assoziation: die stadt als organismus. paralellmontage von zähneputzen und straßenreinigung. davor, ein wiederkehrende motiv: die füße, waden der schlafenden frau. wiederholung in der szene, in der der kameramann, auf den schienen liegend, den herrannahenden zug filmt, und in diversen einstellungen am strand. screenshots folgen.

das auge des betrachters. die subjektive kamera. das im vorspann konstatierte (manifestierte!) nicht-intentionale, unmotivierte: ein trugschluss. allein das fehlen des „theaters“ (das fehlen von regieanweisungen folgenden schauspielern) kann das, gerade bei diesem film, nicht ausmachen. das ist redlich: der regisseur bemüht sich, das kino zu entzaubern, indem er zeigt, wie die aufnahmen technisch bewerkstelligt werden. indem er den kameramann, den arbeiter der filmproduktion, vom anfang bis zum ende ins zentrum seiner aufnahmen stellt. er ist aber dennoch ein gefangener seiner medialen mittel, es kann ihm nicht gelingen, aus den technische gegebenheiten auszubrechen. er ist (und er vergleicht die kamera ja selber mit dem mikroskop, einem laborinstrument) notgedrungen teil seines eigenen experiments. immer wieder wird gezeigt: das kino selber (anfang und ende des films), der vorführraum mit dem projektor (überhaupt: mechanik, maschinen!), die cutterin wird gezeigt (= die spätere ehefrau des regisseurs), und dazu ihre arbeit: einzelbilder (stills) werden angeführt. überblenden: die schreibmaschine und ihre mechanik, der filmprojektor, ein gesicht – die linearität des schriftlichen wie auch des filmischen, dass stete, unaufhaltsame vorranschreiten der zeit (aus dem gedächtnis zitiert: nach Vilém Flusser ist unser verständnis von dem, was zeit ist, (also eine lineare abfolge von ereignissen) wesentlich durch die schriftliche kultur bedingt)

(für diese einzelbilder): musste die cutterin das jeweils gewünschte motiv (= motivation!) der abspielgeschwindigkeit entsprechend: ausschneiden und aneinanderkleben, so stell ich es mir vor, bild für bild, die explosion der 10tel sekunden. sie muss gewissermaßen un-filmisch arbeiten, dass innehalten der bewegung künstlich erzeugen, das anhalten der filmrolle während der vorführung simulieren, ein tatsächliches anhalten der mechanik hätte die zerstörung der kopie zurfolge gehabt.

vieles, was heute quasi filmisches klischeé geworden ist, findet sich hier: wolken am himmel, im zeitraffer wiedergegeben. der großstädtische verkehr mit fußgängern und insbesondere öffentlichen verkehrsmitteln, in dokumentarischen filmen über städte unausweichlicher bestandteil. werbung als anmerkung zur mode, kenntlichmachung des zeitgeistes. gleichzeitigkeit der ereignisse (verkehr):, die bild-im-bild-montage, die auch in heutigen kinofilmen noch gerne angewandt wird.

der kameramann wird oft bei seiner abeit gezeigt. wie er, die kamera geschultert, sich auf den plätzen bewegt. wie er gefährliche orte aufsucht, um seine bilder zu machen, eine brücke besteigt oder sich auf die schienen legt, einen herannahenden zug zu filmen. bei all diesen bildern kommt das motiv nicht von ihm, sondern von einem zweiten kameramann. könnte also behauptet werden: der „Mann mit der Kamera“ ist tatsächlich (hier) zugleich ein schauspieler und der film ist auch ein film darüber, wie ein film gedreht wird. es ist ein toller film, ein sehr schönes zeitdokument, welches einen einblick in das alltagsleben des (nach)revolutionären russland gewährt. das im vorspann angekündigte nicht-intentionale (oder gar das zufällige aufnehmen von alltäglichem) kann ich jedoch nicht entdecken.

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