zur blauen stunde

(24.2.) in der stadt unterwegs gewesen, die hildesheimer von höhe geibelstraße hinauf bis zum aegidientorplatz. ein licht, das die strassen so schön erscheinen lässt, man glaubt dann gleich weinen zu müssen. fotos gemacht von der stadtbibliothek: wie dieses photographieren ein vorwand ist, zu verweilen und nicht zielgerichtet zu sein, denn schliesslich, man tut ja etwas. aber eigentlich: schaut man ja nur. die häuser hinauf und die straßen hinunter. mich erinnert, wie die stadtbibliothek immer der ort gewesen ist, an dem ich mir neuen stoff besorgen konnte, mindestens einmal pro woche war ich dort, mit dem fahrrad oder mit der u-bahn, auf dem weg von der schule nachhause, glücklicherweise war sie so gelegen. wie toll ich das fand, dass ich mir dort einfach bücher ausleihen konnte, zu einem symbolischen beitrag von damals 15 mark pro jahr. wie ich die stadt nun wieder einmal neu entdecke, neue orte sehe an den altbekannten, jetzt da ich auf wohnungssuche bin, die straßen dann auch mit anderen augen sehe. in städten, in denen ich nur tourist bin, sehe ich manchmal die straßen auch so, wie man sich vorstellt, ob man hier jetzt leben könnte, ich bin erstaunt das es hier ein wenig so ist, froh darüber das es so ist. ebenfalls ein paar fotos von ausblicken gesammelt, die ich hier noch einmal zusammenfassen möchte. später.

und gestern vor einer woche kam ich aus bremen zurück, ich erinnere mich, das notizbuch erinnert sich: wie auf der rückfahrt die sonne die ganze zeit über unentwegt am versinken war, als wir in hannover ankamen jedoch war noch ein dunkelgrüner streifen übrig, denn so lange dauert eine dämmerung, eine stunde und eine halbe, wohlmöglich. the notwist spielten dort, im schlachthof, was eine mehr oder weniger gelungene location ist. gut gedacht war, mehrere galerieen und balkone einzubauen, den raum mit einem amphitheaterähnlichen zuschauerraum zu versehen. diese balkone hängen einem aber auf vielen plätzen auch in das sichtfeld hinein, man sieht ebenfalls nicht, ob auf einem balkon am ende hinter all den leuten, die dort bereits sind, noch platz ist. das koncert war nämlich sehr gut, wir hatten auch einen guten platz gefunden dann. ich kann mir ja weder schauspieler- noch bandmitgliedernamen ganz schwer merken, der keyboarder/knöpfchendreher hatte zwei wii-sticks zur gerätebedienung, war show für’s digitalitäten-affine publikum. lange versionen haben sie gespielt, beim videoverleih um die ecke gibt es ein paar ausschnitte zu sehen. (pilot / good lies / neon golden / gloomy planet) und genossen habe ich es tatsächlich, den weg zurück zu fahren inmitten der dunkelheit und der kalten nacht, zu frieren und dann ein stück weit an der weser entlang, über die brücke, dann saßen wir noch in der küche und haben geredet, elternhäuser und kindheitsträume.

(25.2.) heute, also jetzt. morgen (vor einer woche) für einen tag im krankenhaus gewesen. am anfang: ziehen sie eine nummer, dann bemerkt wir müssten keine nummer ziehen. die lotterie geht an uns vorbei. jackpot. wie wir dort waren, der gang und all das, die gestalten, denn viel mehren waren sie nicht, die menschen mit ihren verbänden insbesondere auch um die nase, die sich eingefügt haben in das system krankenhaus, dafür hat neusprech noch kein besseres wort gefunden, dem allgegenwärtigen euphemisieren (schönsprechen) tribut zu zollen. eine welt, begrenzt von bunt gestreiften vorhängen; in ihre schranken verwiesen (grüne, blühende, pollenflug). (wir werden das system durchschauen). (usw.)

ein tag von 8 uhr bis 16 uhr im krankenhaus. das ist lange genug, um sich krank genug zu fühlen (und auch wenn man eigentlich nicht wirklich, momentan) und die frische, kalte luft zu umarmen, mit weit geöffneten lungenflügeln, wenn man dann am nachmittag diesen ort wieder verlässt. und es hat sich platz gemacht in meinem leben, all diese konsultationen usw. sie stellen sich das bestimmt einfach vor, was es nicht ist. der befund war negativ, immerhin.

wie du dort mit mir gesessen hast, und wie der mann dort mit uns im zimmer gewesen ist, der immer brei essen musste, alle stunde eine schale kleie, mit einer brille die die sicht versperrte auf die schale, wie er sich dann manches mal (ein um das andere mahl) im gesicht grün oder rot verfärbte. stop and go. und wie wir dann im aufenthaltsraum den king of queens angesehen haben, und die nasenverbände reinkamen und sich über ihre wunden austauschten. in einer altmännersprache. und wie du überhaupt immer mit mir gehst, alle wege, die leichten und die schweren.

Filmwoche 2009 (10)

Der Gewinnerfilm der diesjährigen Berlinale steht fest, es ist der peruanische Streifen La Teta Asustada von Claudia Llosa.

Zeit, auch bei der synchronen Filmwoche einen Schlussstrich zu ziehen. Meine drei Lieblingsfilme (Bronze, Silber, Gold) sind: The Legend of the Scarecrow von Carlos Lascano, Ostkreuz von Edition Impasto and the Winner is A Thousand Words von Ted Chung. Sozusagen ausser Wertung läuft der Abschlussfilm….

Ein wenig Freakshow, ein wenig Metropolis (Fritz Lang, nicht Superman, obwohl…), so würden die Kritiker wahrscheinlich Jojo In The Stars von Marc Craste (Produktion: Studio Aka) beschreiben. Es ist eine traurige, romantische Geschichte, die den kleinen Monstern mit den leuchtenden Augen in dieser Weltuntergangsszenerie wiederfährt, in welcher der Zerfall der Zeit augenscheinlich bereits weit vorangeschritten ist. Aber auch hier wieder eine Geschichte von der großen Liebe, die der Dunkelheit widersteht. Hochverehrtes und hochversehrtes Publikum, bitte Manege frei für Jojo, die große kleine Trapezkünstlerin!

Einige Anmerkungen zum Abschluss des Projektes Filmwoche 2009, welches sich hier spontan selbst entzündete. Ich habe wieder einmal gemerkt, dass es für eine dem Sujet angemessene Betrachtungsweise nicht genügt, sich den Film einmal anzusehen und das war’s dann. Trotzdem war dies allermeisstens die Vorgehensweise hier, vielleicht mache ich das demnächst irgendwann mal besser. Aber ich habe mir auch einiges zusammengereimt zu dieser Flut an Audiovisuellem, die im Internet zunehmend Raum beansprucht, oder sollte es besser Zeit heissen:

Der Kurzfilm ist möglicherweise die ideale Form für diese flüchtige, glatte Oberfläche, die sich auf unseren Monitoren materialisiert. Und selbst bei den zeitlich meist sehr beschränkten Werken, die ich hier bunt zusammengewürfelt habe, habe ich bemerkt, wie der Blick immer auf den Balken am unteren Rand des Filmblocks fällt, nur um auszuloten, wie lange ich mich noch würde mit dieser Sache beschäftigen müssen, bevor ich anfangen könnte zu schreiben, Links zusammenzutragen, die Musik wieder anzumachen (die ja immer da ist), den nächsten Link, die nächste Versuchung anzusteuern. Weil, oder hinzu kommt, der Wegfall des dunklen Raumes um die Leinwand herum: Plötzlich ist auch die Leinwand (ja selbst die fernsehmäßige Illusion ders.) nicht mehr da; der dunkle, reale Raum rund um die Projektion, welcher die Illusion so vortrefflich beförderte. Filme tauchen auf zwischen den Schrift-Stücken, tunnelartig; Nach den Texten verlieren nun offenbar auch die bewegten Bilder ihren Rand, zumindest wird er marginalisiert. Die Pixelsuppe weicht notgedrungen dorthin aus, wohin ihr die sie umgebenden Links und Textfragmente nicht folgen können, hinter den Bildschirm (im Auge des Betrachters).

So ist das nämlich, und im Supermarkt habe ich heute die ersten Osterhasen gesehen.
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Filmwoche 2009 (9)

„The Gum Thief“ von Douglas Coupland ist 1.) ein Briefroman der 2.) eine „Geschichte in der Geschichte“ beinhaltet und 3.) zumindest teilweise filmisch umgesetzt wurde. Diese Filmschnippsel hat Coupland auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht. Das ist konsequent, schließlich geht es in seinen Büchern auch ständig um dieses ganze moderne Zeug (eigentlich geht es um etwas anderes). Chronologisch fängt die Sache rechts unten in der Ecke an und arbeitet sich dann entgegen der Leserichtung nach oben vor. Hier schneit es schon wieder.


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Filmwoche 2009 (7)

Ohne Worte: Eigentlich hatte ich für Heute etwas anderes geplant, und nun stieß ich im Dickicht des RSS-Readers (Danke an Dings!) auf diese wundervolle, poetische Liebesgeschichte „A Thousand Words“ von Ted Chung, der übrigens, da fügen sich jetzt am 7. Tag der synchronen Filmwoche endlich die Fäden zusammen, Teilnehmer des Berlinale Talent Campus ist.

Ohne Worte: Kommt diese schöne Geschichte aus, die von einem Anfang erzählt, vom Anfang einer Liebe, wohl möglich. In einem sog. Creative Writing – Seminar erzählte mir ein Professor einmal, dass das ganze Leben eine Verkettung von Möglichkeiten sei, dass die Kunst des Geschichten-Erzählens darin bestünde, bspw. aus einer Begegnung im Fahrstuhl, im Supermarkt an der Kasse, eine Geschichte zu machen, also im Alltäglichen das Besondere zu suchen. Allgemeine Blogger-Praxis, soviel wissen wir Heute.

Und gerade der kurze Spielfilm, dem es kaum, oder wenn, dann nur unter allergrößten Anstrengungen möglich ist, die ganze Geschichte (z.B.) einer großen Liebe zu erzählen, ist quasi aufgrund seiner zeitlichen Beschränktheit diesem Erforschen der Anfänge, der Zufälle die unser Leben bestimmen, fast schon verpflichtet. Alles weitere, und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage etc., bleibt hier der Imagination des Betrachters überlassen. Ein Gedicht: Ted Chung gelingt es ganz ohne Worte.


A Thousand Words from Ted Chung on Vimeo.

(Ich bin Heute über sieben Jahre mit meiner Liebsten zusammen. Ich wurde damals von meinen ehemaligen WG-Mitbewohnern überredet, doch noch mit auszugehen. Eigentlich hatte ich einen nerdigen Fernsehabend im Sinn…. Wir ziehen demnächst zusammen in eine neue Wohnung. Fortsetzung folgt.)

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Filmwoche 2009 (6)

Nun wird es doch noch ein wenig Filmfestspielmäßig hier bei der synchron(!) zur Berlinale stattfindenden Filmwoche. Der folgende Film „The Legend of the Scarecrow“ (La Leyenda del Espantapajaros) war nämlich u.a. für einen Oscar nominiert und hat auch sonst einige Lorbeerblätter gesammelt, wie hier nachzulesen ist. Vollkommen zu recht, finde ich.

Ich verstehe Spanisch nur so leidlich, kann aber trotzdem ein wenig zur Geschichte erzählen, die sich mit dem Rätsel warum die Krähen Trauer tragen (tagein tagaus) befasst: Es ist die Geschichte einer Freundschaft, vielleicht einer Liebe gar, die unter ungünstigen Sternen stand, die Geschichte einer Vogelscheuche, der wenig an ihrer Arbeit liegt und die sich durch einen Zufall mit den Krähenvögeln anfreundet. Das alles erinnert mit einem Augenzwinkern an Frankenstein und Tim Burton, biedert sich jedoch nicht an, sondern ist eher eine Hommage an die großen Vorbilder. Aber sehen Sie gerne selber…


The Legend of the Scarecrow from Carlos Lascano on Vimeo.

(Gefunden via Mythopoeia 2.0, vielen Dank dafür!)

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