TV heute Nacht:

Arte macht mal wieder ein Fass mit altem Wein auf: Mit dem Mini-Themen-Abend „Der absolute Film“ werden sechs experimentelle Filme des frühen Kinos präsentiert. „Im Mai 1925 veranstaltete die „Novembergruppe“, ein Zusammenschluss progressiver Künstler aus dem Bereich der Literatur, Musik und Bildenden Kunst, in Berlin eine Matinee-Veranstaltung mit dem Titel „Der absolute Film“. Dieses Filmprogramm zählt inzwischen zum Kanon der klassischen Filmavantgarde und kann dank der Restaurierungsarbeiten der internationalen Filmarchive erstmals gezeigt werden.“ Mit dabei sind Werke von Ludwig Hirschfeld-Mack, Hans Richter, René Clairs Entr’Acte (mit Musik von Erik Satie) und Walter Ruttmanns „Opus II, III + IV“ sowie weitere. Heute auf Arte, 23:55 – 1:10h.

In Opus kann hier auf Youtube reinschauen, wobei aber das digitale Format in dieser Komprimierung nicht wirklich geeignet ist, da es Kästchen macht wo keine sind.

[flash]http://www.youtube.com/watch?v=WSG5eHExlrY[/flash]

Ruttmanns bekanntester Film „Berlin: Sinfonie der Großstadt“ lässt sich in akzeptabler Auflösung bei archive.org herunterladen.

Eigentlich hätte ich heute ja noch weiter Literatur in mich hineinstopfen wollen, das fällt mangels Interesse aus. Warum arbeiten da immer so viele Menschen in der Werbung? Egal ob in den 1960ern oder in den 2000ern. Zum Frühstück gab es Nudeln mit Lachs-Sahne-Sauce. Ingwertee gekocht. Fernsehn kuck ich jetzt aber trotzdem.

The Bachmann Overdrive

Ad-Hoc-Kurzkritiken zu den Lesungen in Klagenfurt, was mir in drei Sätzen einfällt und nicht unbedingt chronologisch. Habe gerade bis auf zwei Lesungen die heute (und Gestern? fangen die da an?) verpassten nachgehört, die Videos und Autorenportraits und Diskussionen sind hier online nachzuschauen.

# Sehr gut gefallen hat mir der Text von Clemens J. Setz, bei dem mir jedoch erst während der Diskussion der blühende Neurosengarten des Protagonisten auffiel – während der Lesung schien mir das alles so plausibel und nachvollziehbar. Das plötzliche erscheinen dieses merkwürdigen Gerätes, und wie dadurch die kleine Welt neu gewichtet wird; Ein wenig zu auffällig, aber vielleicht geht auch nur mir als Textzersetzer das so, fand ich die bewußt gesetzten Stolpersteine der Wortwiederholungen: „Er riss sich von der Waage los und ging zum Auto. Erst als er die Wagentür schon geschlossen hatte…“ und an anderer Stelle „Uhr“ und „Urkunde“. Schön aber, wie sich das Faible für Zeiger und Zeigegeräte immer wieder in einem dicht gewobenen, aber doch unauffälligen Netz zeigt.

# Beim Text von Angelika Reitzer musste ich immer an Berlin denken, oder besser: An diese austauschbaren Agenturmenschen, die im Studium noch sehr wild gewesen sind, deren Subversion sich aber im Rückblick auf das präzisieren des Begriffes Party-Culture beschränkt hat. Die nicht gemerkt haben, wie das Leben (um nicht sagen zu müssen: Das System) sie aufgrund des fehlens innerer Reflektion langsam ausgehöhlt hat. Die aber trotzdem irgendwie von dem Gefühl beschlichen werden, dass etwas nicht stimmt, sie wissen nur nicht was. Also müssen Drogen her, mangels Masse – Ich kann hier aber auch überinterpretieren. Jedenfalls oft beschrieben, diese Sache, alles in allem ganz ok, aber auch nichts Besonderes. Schreibt man „Besonderes“ hier groß?

# Mit Patrick Findeis Text „Kein schöner Land“ (PDF) wurden meine Vorurteile gegenüber den Schreibschulen leider bestätigt. Diese Texte müssen offenbar alle in der Provinz spielen und die natürlich auch dort vorhandenen sog. menschlichen Abgründe in der scheinbaren Idylle des Landlebens aufzeigen. Diese dort vorzufinden ist aber nur bei Stephen King (auch nicht mehr) überraschend. Der Tod trägt dort immer Blaulicht, den Schreibschülern wird offenbar angeraten, sie sollten ihre Hauptcharaktäre mit einem besonderen Detail beschreiben, hier ist es eine Zahnprothese. Sprachhandwerklich auf hohem Niveau, aber ansonsten eher nun ja. Die Jury fand’s toll, also spricht aus meiner Einschätzung vermutlich wieder nur der Neid. Grün ist die Hoffnung stirbt zuletzt.

# Markus Orths „Zimmermädchen“ (PDF) fand ich gut, ein schöner Versuch über die Anonymität von Hotelzimmern und den kreativen Umgang der Angestellten mit derselben. Ich fragte mich aber die ganze Zeit, ob diese Maid nicht irgendwann mal vermisst wird von ihrem Vorgesetzten, wenn sie große Teile ihrer Arbeitszeit unter den Betten der Gäste verbringt. Das soll das Lektorat klären.

# Bei Alina Bronsky fand ich gut, wie sie die Sprache ihrer 17jährigen Heldin aufnimmt und es ihr dadurch gelingt, eine harte Geschichte in einem lakonischen und dennoch immer empathischen Ton wiederzugeben.

# Ein wenig stolz bin ich darüber, dass ich mir mit Martin von Arndt einmal kurz E-Mails geschrieben habe. Wir haben ihn damals in unserer Sendung Woertersee gefeatured, wenn man so sagen mag, also ein paar von ihm ins Internet hineingelesene Texte gebracht. Whatsoever, seinen Text fand ich zwar sehr humorvoll, auch gefallen hat mir der wache Blick auf die Mutter-Sohn-Beziehung und wie diese das Verhältnis des Protagonisten zu seiner Frau belastet, aber alles in allem war mir diese Geschichte ein wenig zu allgemein. Nun handelt es sich um einen Romanauszug und da ist definitiv noch ausreichend Stoff für spannendes vorhanden. Auf den Titel „Der Tod ist ein Postmann mit Hut“ (PDF) wurde leider nur zu Anfang und am Ende des Textes Bezug genommen, darüber hätte ich gerne mehr erfahren. Über die weissen Blätter.

# Mein Favorit bis hierhin ist Thorsten Palzhoffs Beitrag „Livia“ (PDF). Dort finde ich das Schreiben des Autoren und die sog. Realität, gleichzeitig mit dem Erzeugen von Spannung, am besten miteinander verwoben.  Palzhoff spielt sehr klug mit dem Spannungsfeld von Fakt oder Fiktion (PDF) und verortet, äusserst pointiert, diesen scheinbaren Gegensatz in einer von Medienrealitäten geprägten Gesellschaft, in der die Unterscheidung zwischen der wirklichen und der medial vermittelten Weltsicht zusehends verschwindet.

Indem er ein Filmteam des WDR als eine Ansammlung von Charaktären aufführt, gelingt dem Autoren die erste Täuschung; Wir als Leser kommen in Versuchung, dieses imaginäre Filmteam als ein reales anzusehen (Briefroman, Goethe, Werther). Im weiteren Verlauf der Story(!) verwendet Palzhoff noch  mehr Tricks aus der intermedialen Zauberkiste. Und er weist uns als Leser, Rezipienten, Zuschauer sogar darauf hin, wie er mit den Zeichen und den Symbolen, die die Zeichen bilden, arbeitet: „Die beiden stehen vor der großen Tafel mit den Abfahrtszeiten der Züge und lösen aus den untersten Schienen die Steckbuchstaben heraus. Ein uniformierter Bahnbeamter kommt auf sie zu, drohend, warnend, aber sie bemerken ihn nicht, weil sie in ihr Spiel mit den Buchstaben vertieft sind.

Und dann, am Ende der Geschichte, gibt es noch einen Kinofilm auf einem Videoband, welches aufgezeichnet wurde von diesem Filmteam. währenddessen sich vor den Türen das Leben ereignet.

(t.b.c.)

Anitschka, wir treffen uns in 10 Stunden

[Q] und gleich ist da eine geschichte, ein countdown ist vorhanden, eine frist wohlmöglich, was passiert in diesen zehn stunden, was ist zuvor passiert, was führte zu dieser ungewöhnlichen nachricht? ich gehe jetzt erst einmal eine luftpumpe besorgen, meine ist in der stadt unterwegs, mit einem anderen fahrrad und meins ist platt. bedeckter himmel heute.

die zeichen,

die ich hinterlassen habe, wie beispielsweise: was heute noch zu lesen ist: „anschluß / hrichte/ etter/warnu /“: auf dem braun gemalten kasten dort: wo rauch, da feuer. daneben die suche nach der verlorengegangenen katze: neben der supermarktwerbung für den eisberg, den untergang und, ach,

, und dadurch wird das ja nicht besser, die sache mit dem fernweh,

wie als ich schrieb; aber es wahr garnicht (paris als paris) (prototyp) gemeint, oder aber rom; die große stadt, vielmehr, und frauen in regenmänteln in schwarzweissen filmaufnahmen, die verloren sind, die selbst dort sind, und nur und ausschließlich für die kamera dort durch den regen gingen. als wären sie gerade eben nicht für die filmkamera dort. eingraviert in die filmographische wirklichkeit, die ewigkeit und einen tag.