Ungefähr

Auf der Flucht vor den Menschen in der Fabrik, die mich zu ihren Feierlichkeiten haben wollten, wozu ich heute nicht in der Stimmung, eine Stunde durch die Stadt geschwommen. Es erschien mir alles fremd heute, nicht gerade unangenehm. An einem Kiosk brüllt eine junge Dame den Verkäufer fast an, weil dieser ihre Bestellung nicht verstanden hat. Roter Stoffmantel, schwarze Strumpfhose, Prenzlberg-Frisur. Sie trägt eine mit dem Campbells-Dosen-Motiv von Warhol bedruckte Tasche spazieren, wie sie auch einen Hund dabei hat. Als dieser von einem ebensolchen, entgegenkommenden angebellt wird, giftige Blicke. An der Leinaustraße wird ein junger Mann von einem Gesetzeshüter kontroliert. Taschen auslehren, der Polizist ist gründlich, fasst in die Jackeninnentaschen, Hosenhintertaschen. Der junge Mann kennt das offenbar schon, feixt, heute mal kein Gesetz gebrochen. In einem Supermarkt kaufe ich einen halben Liter Wasser. Auch hier das Gefühl an einem anderen Ort zu sein. Vielleicht der Regen.

Dieses:

Sammeln von Eindrücken, Wirklichkeitsfragmenten, dieses: Dokumentieren, wichtignehmen der kleinsten Details, aufzeichnen und aufschreiben, natürlich auch mittels digitaler Ausrüstung, mit dem Handy Straßengeräusche aufzunehmen, zu speichern, dann, hier am Schreibtisch wieder anzuhören, sich wieder in den Moment hineinzubegeben. Sich die Fotos nocheinmal alle, wieder und wieder, anzuhören, anzusehen, die Nachbereitung und Bearbeitung dieser Dokumente. Ermöglicht mir: Eine über den Augenblick weit hinausgehende Beschäftigung mit dem Erlebten, im Alltag und gerade auch im sog. Urlaub, die Vergegenwärtigung der entfernten Orte. Ich schneide das Tonmaterial, ich optimiere die Soundfiles, mache sie hörbar, und auch wenn man vieles nicht mehr versteht, bleibt doch etwas was stärker ist als nur eine blasse Erinnerung, was stärker ist als eine Ahnung dessen was dort gewesen ist, dort in der Zeit und dort in einem anderen Raum.
Insbesondere, bspw., das digitale Fotografieren, die Möglichkeit ohne den Gedanken an die Kosten für Filme und Abzüge alles was mir vor die Optik gerät gewissermaßen zu konservieren, hat meinen Blick auf die Welt verändert, das ist an anderer Stelle zu gegebener Zeit noch genauer auszuführen. Das Medium, die Technik, so bilde ich mir ein, hat meine Wahrnehmung geschärft. Oder bilde ich mir das nur ein.

Vogelaugenahorn – dieses Wort, eben gelesen in einem Katalog der teure Orchesterstühle mit Klavierlackoberfläche feil bietet. Sehr Teuer. Daran denken müssen, wie wir im St. James Park waren und die Samen der London-Platane (wir dachten auch zunächst: Ahorn, ich war dann verwundert weil Ahorn eigentlich die Propeller fliegen läßt) flogen in die Augen und hatten Widerhaken, der ganze Park rieb sich die Augen, war am nießen und husten. Flucht nach vorne, keine Besichtigung der Eichhörnchen heute.

Das ist auf meinem Mist gewachsen. Ich hab auf den Haufen vom Teufel drauf geschissen. Mit Genugtuung, genug getan, genug Dung getan, mit Nut und Feder. Fug und Recht. Nun wird es sich zeigen. Griff ins Klo, eine Hand wäscht die andere, die einen füttert beißt man nicht, der kleine Finger, die ganze Hand ins Feuer. Lichter Loh. Fackelzug. Finger on the Trigger. Me Happy. Auf angezogene Leute. Anzügliche Bemerkelungen. Kiemen, nach Luft japsend, auf dem Strand, Pflaster, Steine, über den Wunden der Zeit, die blühende Phantasie, Sie sind mir aber mal ein Scharlatan, ein Tu-Nicht-Gut und rede darüber, Voice Over, and out.

Der Fisch, er stinkt vom Kopfe her.